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Jedes Kind kennt Gut und Böse



Warum zeigen manche Menschen viel Mitgefhl, Empathie und moralisches Bewusstsein, whrend bei anderen fast keine sozialen Regungen erkennbar sind? Ist Moral angeboren oder anerzogen? Paul Bloom, Professor fr Psychologie an der Yale University, geht im vorliegenden Buch der Frage nach, woher die Sittlichkeit stammt.

Zunchst errtert er die Ansichten des amerikanischen Prsidenten Thomas Jefferson (1743-1826) und des schottischen Moralphilosophen Adam Smith (1723-1790), die wie Bloom der Auffassung zuneigten, manche Facetten der Sittlichkeit seien angeboren. Dazu gehre etwa die Fhigkeit zur Empathie ebenso wie der Sinn fr Solidaritt, Gerechtigkeit und Moral. Laut Bloom ist Sittlichkeit zwar bei Neugeborenen noch nicht ausgeprgt, aber ihre Grundlagen seien als Produkt der biologischen Evolution in uns angelegt.

Moral in die Wiege gelegt

Um seine Aussagen empirisch zu prfen, untersucht Bloom das sittliche Verhalten von Babys. Hierbei greift er auf die so genannte Blickzeit-Methode zurck. Sie offenbart, welche Reize fr den jeweiligen Versuchsteilnehmer neu, interessant oder unerwartet sind. Der Autor fhrte Kleinkindern (darunter seinen eigenen) Animationen vor, in denen geometrische Figuren etwas "Bses" taten, etwa sich schlugen oder sich gegenseitig behinderten. Dies kontrastierte er mit Filmen, in denen die Figuren sich halfen. Anschlieend wurden die Figuren den Kindern auf einem Tablett prsentiert, und die Kleinen durften nach ihnen greifen. Das Ergebnis: Bereits sechs Monate alte Babys streckten die Hand nach den "Guten" aus. Aus diesen und anderen Experimenten zieht Bloom den Schluss, schon diese Kleinen knnten zwischen "Gut" und "Bse" unterscheiden. Seiner Ansicht nach haben wir von Natur aus einen Sinn fr Moral.

Empathiefhigkeit, Gerechtigkeitssinn und Hilfsbereitschaft unterscheiden einen normal sozialisierten Menschen beispielsweise von einem Psychopathen. Das belegt der Autor, indem er zahlreiche weitere Experimente schildert und interpretiert. Diese Ausfhrungen sind durchaus interessant, allerdings wartet man vergeblich auf die Antwort, warum manchen Kindern und Erwachsenen diese Fhigkeiten abgehen. Im Kontext des Buchs ist das aber eine zentrale Frage.

berhaupt lsst Bloom den Leser hufig allein. Dieser muss aus den zahlreichen beschriebenen Studien und wissenschaftlichen Ergebnissen seine eigenen Schlsse ziehen, will er dem Buch eine Botschaft entnehmen. Streckenweise sind die Errterungen nicht nachvollziehbar, entweder weil ihnen der rote Faden fehlt oder weil die methodischen Passagen viel zu langatmig sind.

Verstand als Triebkraft?

Bloom uert Kritik an dem bekannten US-Psychologen Lawrence Kohlberg (1927-1987). Dieser unterteilte, gesttzt auf langjhrige Studien, die moralische Entwicklung des Menschen in mehrere Stufen. Es gebe kaum noch Psychologen, die diese Ansicht teilten, schreibt Bloom, denn Kohlberg habe die moralische Differenziertheit bei Kindern unter- und bei Erwachsenen berschtzt. In einem Punkt gibt er seinem Kollegen aber Recht  dass nmlich die Sittlichkeit Erwachsener von rationalen berlegungen und mithin von Vernunft beeinflusst werde, was uns beispielsweise von Schimpansen unterscheide.

Der Verstand scheint fr Bloom eine wichtige Triebkraft des Guten im Menschen zu sein. Aber kann man wirklich behaupten, dass intelligente beziehungsweise gebildete Menschen sittlicher handeln als geistig beschrnkte beziehungsweise ungebildete? Der Autor berlsst es dem Leser, sich hierzu eine Meinung zu bilden  keine leichte Aufgabe. Etwas mehr Orientierung und Einordnung darf man von einem solchen Sachbuch schon erwarten.

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