Interdisziplinäre Forschung zu Mensch-Tier-Beziehungen und Ethik

Wissenschaftliche Arbeiten sollen Basis für neue Tierschutzmaßnahmen bilden

Wien - Am "Messerli-Forschungsinstitut" an der Veterinärmedizinischen
Uni (Vetmeduni) Wien werden künftig gemeinsam mit der Uni Wien und der
Medizin-Uni Wien die verschiedenen Facetten der Mensch-Tier-Beziehung und deren
Grundlagen in den Bereichen Ethik, vergleichende Medizin und Tierverhalten
erforscht. Die Forscher kommen aus den verschiedensten Bereichen wie Biologie,
Humanmedizin, Veterinärmedizin, Philosophie, Psychologie und Rechtswissenschaft.
Die Ergebnisse sollen "Basis für neue Maßnahmen im Tierschutz und eine
verantwortungsvollen Umgang mit Tieren sein", wie Vetmeduni-Rektorin Sonja
Hammerschmid am Donnerstag bei einer Pressekonferenz vor der Eröffnung des
Instituts erklärte.

Das "universitäre Kompetenzzentrum" besteht aus drei Abteilungen: Ethik der
Mensch-Tier-Beziehung unter Leitung des Philosophen Herwig Grimm, vergleichende
Kognitionsforschung, wo Ludwig Huber die Professur innehat, und Komparative
Medizin unter der Allergologin und Immunologin Erika Jensen-Jarolim. Bei
letzterem Fach geht es etwa um Vergleiche auf Gen-Ebene zwischen tierischen und
menschlichen Krankheiten wie Krebs. Durch den vergleichenden Ansatz sollen etwa
auslösende Veränderungen als Ursachen aufgespürt werden.

Eine vierte Professur aus dem Bereich Recht war anfangs geplant, nun soll
aber zugewartet und später entschieden werden, in welchem Bereich noch mehr
Expertise nötig ist. Möglich wäre laut Hammerschmid der Bereich
Sozialwissenschaft, Rechtsfragen könnten auch schon derzeit durch die Uni Wien
und die Vetmeduni selbst abgedeckt werden.

Hochgradig komplexe Themen

Die Forscher am Messerli-Institut haben jedenfalls "den Anspruch, wirklich
interdisziplinär zu arbeiten, das ist keine Worthülse", betonte
Institutssprecher Huber. "Das sind alles hochgradig komplexe Themen, die nur
interdisziplinär erforscht werden können." Mit der Technischen Uni Wien könnte
noch eine vierte Uni ins Boot geholt werden, hier sei eine Kooperation mit den
Computerwissenschaften angedacht, so Huber. Es gebe auch Kontakt mit
internationalen Forschergruppen, die zu ähnlichen Themen arbeiten. "Breiter
Sockel" der Arbeit zu Tierschutzfragen soll die Grundlagenforschung sein,
aufbauend werde man sich mit den ethischen Implikationen beschäftigen.

Bereits am 1. April soll ein großes Projekt am Institut starten: "Like me",
bei dem am Beispiel von Hunden untersucht werden soll, ob Tiere auch dem
Menschen gegenüber empathisch sein können. Ein zweites Projekt geht der Frage
nach, wie die "gestische Kommunikation" bei Hunden funktioniert, also wie sie
sich mitteilen. In der Philosophie wird unterdessen eine neue
Tierversuchsrichtlinie der EU beleuchtet.


Masterstudiengang ab Herbst 2012

Im Herbst soll außerdem der erste, naturwissenschaftlich ausgerichtete
Masterstudiengang starten. Für die 20 Plätze des englischsprachigen Studiums mit
Modulen wie Philosophie, Rechtswissenschaften, Tierhaltung und
Verhaltensbiologie gab es 40 internationale Bewerbungen. Die Bewerber haben
dabei unterschiedliche Bachelorabschlüsse vorzuweisen. Für Heinz Engl, Rektor
der Uni Wien, ist es "die große Chance von Bologna", dass ein Master für
verschiedene Bachelor-Absolventen zugänglich ist. Deshalb werde auch beim
Studium Internationale Entwicklung der Bachelor abgeschafft und ein "wirklich
interdisziplinärer Master" eingerichtet. "Wir wollen ihn nicht abdrehen, sondern
die Qualität stärken."

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle sprach von einem Beweis dafür,
dass die österreichischen Unis "exzellente Stätten international hochgeachteter
Forschung" seien, es gebe "nicht nur den Mangel und die Not".

Von der Schweizer Messerli-Stiftung werden jedes Jahr 1 Mio. Franken (rund
800.000 Euro) an das Institut gehen, wobei die drei Unis die Summe verdoppeln.
Das Konsortium aus Vetmed, Uni Wien und Medizin-Uni Wien hatte sich bei der
Ausschreibung des Instituts gegen neun internationale Bewerbungen
durchgesetzt. (APA, 29.3.2012)


Link
Messerli Forschungsinstitut - Veterinärmedizinische Universität Wien

Nachlese

Das Tier als Spiegel des Menschen

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