«Ich esse schwarze Schoggi mit gutem Gewissen»

Die Psychologin Petra Wirtz empfiehlt schwarze Schokolade, weil sie den Herz-Kreislauf schützen kann.

Im Mass genossen, ist selbst Schokolade gesund: Osterhase in einer Konditorei. Bild: Francois Lenoir (Reuters)

Petra Wirtz

Die Professorin für Biologische Psychologie und Gesundheitspsychologie an der Universität Bern studierte, wie sich schwarze Schokolade auf Körperstress auswirkt.

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Ist es gesund, wenn wir einen Schoggi-Osterhasen verdrücken?
Es kommt darauf an, aus welcher Schokolade er gemacht ist.

Welche Schokolade empfehlen Sie?
Schwarze Schokolade, mit Mass gegessen. Wir haben in einer Studie herausgefunden, dass das Essen von schwarzer Schokolade mit einem Kakaogehalt von 72 Prozent zwei Stunden später in einer Stresssituation die Ausschüttung der körpereigenen Stresshormone Cortisol und Adrenalin verringert.

Wieso haben Sie als ­Gesundheitspsychologin diese Studie gemacht?
In der Herz-Kreislauf-Forschung haben sich in den letzten Jahren die Hinweise gehäuft, dass schwarze Schokolade vor dem Tod durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützt. Bislang ist bekannt, dass sie sich günstig auf klassische ­Risikofaktoren wie etwa Blutfette oder den Blutdruck auswirkt. Mich hat interessiert, wie es beim Stress aussieht. ­Psychosozialer Stress ist ebenfalls ein ­Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Hat Sie das Resultat Ihrer Studie überrascht?
Wir wussten nicht, ob oder wie sich dunkle Schokolade auf die Stressreaktion auswirken würde. Ein psychologischer Effekt, etwa auf die Wahrnehmung oder Bewertung der Stresssituation, wäre auch denkbar gewesen. So hätte es sein können, dass die Probanden, die schwarze Schokolade gegessen hatten, die Stresssituation als weniger bedrohlich oder herausfordernd erlebt hätten. Das konnten wir jetzt ausschliessen.

Wenn sich die günstige Wirkung von schwarzer Schokolade nur auf hormoneller Ebene auswirkt und die Leute dann doch gestresst sind – was bringt die Schoko-Behandlung?
Darüber kann man nur spekulieren. Man weiss, dass heftige körperliche ­Reaktionen auf Stresssituationen das ­Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Das ergibt sich unter anderem aus Befragungen von Herzinfarktpatienten, die angaben, dass sie etwa zwei Stunden vor dem Herzinfarkt eine starke emotionale Belastung erlebt hätten.

Sie haben nur gesunde Männer im Alter von 20 bis 50 Jahren getestet.
Bei gesunden Personen weiss man, dass eine höhere Stresshormon-Freisetzung etwa die Verkalkung der Koronararterien begünstigt. Vor diesem Hintergrund könnte schwarze Schokolade die Belastung des Herz-Kreislauf-Systems unter Stress reduzieren.

Gilt das auch für Frauen?
Ja, ich vermute, dass die Wirkung von schwarzer Schokolade bei Frauen nicht anders ist. Aber eine Studie mit Frauen wäre komplizierter und teurer geworden. Denn die Cortisol-Ausschüttung wird zum Beispiel beeinflusst vom Menstruationszyklus. Zudem verändern hormonelle Empfängnisverhütungsmittel die Freisetzung von Stresshormonen.

Essen Sie jetzt mehr ­Schokolade vor stressigen Situationen?
Ich denke, mein Schokoladekonsum hat sich nicht verändert. Aber ich esse schwarze Schokolade jetzt mit einem besseren Gewissen.

(Tages-Anzeiger)

Erstellt: 19.04.2014, 10:11 Uhr