Geleaktes Apple-Store-Manual als Beziehungsratgeber

Eine Theorie, die der Anleitung für Store-Mitarbeit das Potenzial eines Ratgebers zuspricht

Am Dienstag berichtete Gizmodo über ein veröffentlichtes Manual für Apple-Store-Mitarbeiter, das "Genius Training" genannt wird und den Mitarbeitern klare Anleitungen für Verkaufsgespräche und den Umgang mit Kunden lehren soll. In dem Trainingsbuch befinden sich simple Dos and Don'ts als auch Wörter, die man beim Gespräch vermeiden sollte und weitere einfache psychologische Hilfestellungen. Trotz der vor kurzem veröffentlichten Geständnisse einiger Apple-Store-Mitarbeiter kann man davon ausgehen, dass Apples Intentionen ganz andere sind und Bemühungen um einen funktionierenden Verkaufsprozess anspruchsvoll sind. Gizmodo bezeichnet als "Bootcamp", was in vielen Unternehmen allerdings Praxis ist: Eine psychologische Verkaufsstrategie.

Unsicherheiten des Kunden verringern

Ein zweiwöchiges Trainingsprogramm umfasst technische Skills als auch Verkaufstraining. Wie in der Verkaufsbranche üblich, wird hier mit der Psychologie des Kunden gespielt. Das Ziel ist ein Verkaufsabschluss. Die Kernfrage dabei ist, was der Kunde will und welche Unsicherheiten er diesbezüglich hat. Diese Unsicherheit gilt es zu verringern, indem man dem Kunden ein paar Vorschläge macht. Aufdringlichkeit wird allerdings nicht gern gesehen, der Kunde muss schon selbst entscheiden am Ende des Tages. Einfache psychologische Mechanismen, die man im humanistischen Oberstufengymnasium lernt, werden angewandt: Sätze mit einem "Ich" beginnen, auf den Kunden danach eingehen und seine Emotion ansprechen. 

Empathie in einer materiellen Welt

Das geleakte Manual ist für CNet Grund genug anzunehmen, dass die darin beschriebenen simplen psychologischen Tricks als Beziehungsleitfaden dienen könnten. Chris Matyszczyk meint, dass mit Phrasen wie "Besitz ergreifen", "überzeugend" und "würdevoll" Apple das Optimum an menschlicher Kommunikation versucht rauszuholen. In Beziehungen bestehende Verhaltensmuster, die sich negativ auswirken, könnten sich Apples Herangehensweise menschlicher Kommunikation bedienen. Empathie wird in dem Manual sehr groß geschrieben. Gerade wegen seiner vielen gefühlsbeschreibenden Wörter nimmt Matyszczyk an, dass das Buch - trotz Verkaufsfloskeln - ein gutes Beispiel für die immer geringer geschätzte zwischenmenschliche Kommunikation in einer von materiellen Werten dominierten Welt sein kann.

Besitzergreifend in der Kommunikation

Viele Menschen würden es nicht einmal merken, wenn sie mit ihren Partnern so sprechen wie in dem Apple-Trainingsbuch als typische Verkaufsphrasen beschrieben. Besitzergreifende Phrasen wie "das ist es, was ich will" sind mittlerweile auch in Beziehungen Standard. Bekommt man nicht, was man will, geht man zum nächsten Partner über. Bis die Frage erneut auftaucht. Wie im Apple Store gibt es auch in Beziehungen jemanden, der von der Beziehung und dessen Kommunikation "Besitz ergreift", ein Umstand der in einem Verkaufsgespräch erwünscht ist, aber in einer Beziehung nicht. Der Unterschied zwischen dem Aufbau einer Beziehung und dem Aufbau eines Unternehmens ist CNet zufolge kaum mehr gegeben. 

Würdelos und ohne Empathie

All die guten Werte wie Empathie, Würde und Verständnis sollten aber in einer Beziehung dominieren, seien aber schwer zu finden. Wir würden in der Liebe handeln wie in einem scheiternden Retail Store: Würdelos und ohne jegliche Empathie dem anderen gegenüber. Und genau das würde Apple aber von seinen Mitarbeitern verlangen und umsetzen. Matyszczyk nach könnte man jedenfalls Apples Anleitung eher als Beziehugnshelfer ansehen als eigentliche Beziehungsratgeber. (red, derStandard.at, 29.8.2012)

Links:

Apple

Gizmodo

CNet

Nachlese:

Zerstörungswut und Alkohol: Geständnisse von Apple-Store-Mitarbeitern

Open all references in tabs: [1 - 4]

Leave a Reply