Gegen schlaflose Nächte – Leipziger Studenten starten Sorgentelefon

Trennungsschmerz, Prüfungsangst oder Geldsorgen? Studenten können ihrem Frust künftig bei der Nightline Leipzig Luft machen. Ab dem 2. Mai 2012 sitzen regelmäßig etwa 20 Studenten zu später Stunde am Telefon, um ihren Kommilitonen in allen Lebenslagen zu helfen – komplett anonym.

„Der Anstoß war ein Artikel in einer Zeitschrift für Medizinstudenten“, sagt der Mitbegründer der Leipziger Nightline, Tim Vogel. Hier liest der Zweitsemester zum ersten Mal von dieser Art Zuhör- und Sorgentelefon, das ehrenamtlich nach dem Prinzip - von Studenten für Studenten – aufgebaut ist. Er stellt fest, dass die Möglichkeit eines studentischen Sorgentelefons in Leipzig fehlt und macht sich kurzerhand mit einigen Kommilitonen daran, dieses Telefonangebot aufzubauen.

Vorbild der Nightline – die Nachthotline – ist ein studentisches Projekt, das sich in den 1970er Jahren an der englischen Universität Essex etablierte. Ausgehend von Essex verbreitete sich die Idee in ganz Europa. So auch in Deutschland - und jetzt Leipzig. Aber auch in zehn weiteren deutschen Städten ist Nightline anzutreffen, unter anderem in Heidelberg, Münster, Potsdam und Dresden.

Von den langjährigen Erfahrungen hat Leipzig profitiert: Im Dezember 2011 sind die Vorarbeiten für das Projekt angelaufen und schon im April 2012 konnten gemeinsam mit den Nightlinern aus der sächsischen Landeshauptstadt und Beratern des Studentenwerks die ersten psychologischen Schulungen für interessierte Studenten angeboten werden. Laut Mitbegründer Tim Vogel kämen diese besonders aus den Studiengängen Medizin, Psychologie und Lehramt und hätten zum Teil schon Erfahrungen im Telefondienst. Außerdem wurden mit Hilfe des Studentenrates der Uni Leipzig Mitarbeiterstellen ausgeschrieben, ein Internetauftritt gestaltet und ein geheimer Ort für die nächtlichen Telefonate gefunden. Finanzielle Unterstützung erhält Nightline Leipzig neben der Nightline Stiftung auch vom Studentenrat und den Fachschaftsräten Medizin und Jura.

Die Nightline ist ein offenes Zuhörtelefon

"Grundsätzlich kann sich bei uns jeder, auch Nicht-Studenten, melden und ein Gespräch suchen. Allerdings ist die Hotline vor allem für Studenten und ihre Sorgen konzipiert, selbstverständlich auch für Studenten der anderen Leipziger Hochschulen“, so Tim Vogel.

Nachts, wenn man Freunde und Eltern nicht aus dem Schlaf reißen möchte, nehmen sich die ehrenamtlich engagierten Studenten Zeit, hören zu und beantworten Fragen. Zweifel an der Wahl des Studienfachs, Schreibblockaden, Stress mit der WG oder dem Partner, Einsamkeit und Kontaktprobleme: Das sind alles Themen, zu denen die studentischen Zuhörer Auskunft geben können. Anonymität wird dabei garantiert. Für die Ehrenamtlichen gilt daher absolute Schweigepflicht. Weder Telefonisten noch Anrufer nennen ihre Namen. Schließlich möchte niemand einem Kommilitonen sein Herz ausschütten oder von Existenzängsten sprechen, wenn er weiß, wer am anderen Ende der Leitung sitzt.

Keine Alternative zu psychologischer Beratungsstelle

Die Leipziger Nightliner rechnen neben vereinzelten „Spaßanrufern“ auch mit Anrufern, die schwerwiegende Probleme wie eine Depression haben und deshalb professionelle Hilfe benötigen. Dafür sind die Mitarbeiter der Nightline nicht qua­li­fi­ziert. Sie sind keine psychologische Beratungsstelle, können aber die Hilfesuchenden an speziell ausgebildete Fachleute weiterleiten. „Wir selbst haben keine abgeschlossene psychologische Ausbildung und befinden uns allesamt mitten im Studium. So sind wir kein Ersatz für eine psychologische Therapie. Als ehrenamtliche Mitarbeiter wurden wir jedoch selbstverständlich besonders geschult“, heißt es auf der Internetseite von Nightline Leipzig.

Das Zuhörtelefon Nightline ist ab dem 2. Mai 2012 immer montags, mittwochs und freitags durchgehend von 21 bis 1 Uhr nachts unter folgender Rufnummer erreichbar: (0341) 973 7777

Weitere Informationen zur „Nightline“ in Leipzig liefert die Seite
http://leipzig.nightlines.eu/

Die Autorin Judith Pöllmann ist Mitglied der Lehrredaktion Campus, einem Gemeinschaftsprojekt des Studiengangs Journalistik der Universität Leipzig und der Leipziger Volkszeitung.

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