Gefälschte Studien betreffen Schweiz nicht



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Gefälschte Studien betreffen Schweiz nicht

Einer der grössten Datenmanipulationsskandale betrifft keine hierzulande erhältlichen Medikamente. Swissmedic korrigiert damit frühere Aussagen. Ein Grundproblem bleibt: Die europäischen Behörden informieren die Schweiz nur zurückhaltend.

Der Datenmanipulationsskandal betrifft keine hierzulande erhältlichen Medikamente: Swissmedic. Foto: Keystone

Der Datenmanipulationsskandal betrifft keine hierzulande erhältlichen Medikamente: Swissmedic. Foto: Keystone

Klinische Prüfungen in Drittstaaten

Rund jede vierte klinische Studie wird in einem Schwellenland durchgeführt.

Mit dem Zulassungsstopp für insgesamt über 100 Generika in Deutschland und anderen EU-Ländern wollen die Behörden ein Zeichen setzen. «Wir sehen seit langem mit Sorge, dass unsere hohen europäischen Sicherheitsstandards für klinische Prüfungen in Drittstaaten nicht umgesetzt werden», sagt Maik Pommer, Sprecher des Deutschen Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm). Pharmafirmen in Industrieländern beauftragen zunehmend sogenannte Contract Research Organisations (CRO) in Ländern wie Indien oder China. Laut der CRO-Vereinigung (Acro) wird rund jede vierte Studie ausserhalb von Europa und den USA durchgeführt, 2014 dürfte ein Drittel der weltweiten Ausgaben für die Medikamentenentwicklung in CRO geflossen sein. In Schwellenländern sind klinische Studien billiger und können schneller gestartet werden. Kritische Ärzte und Organisationen wie die Erklärung von Bern bemängeln, dass die Kontrolle beschränkt und das Risiko ethischer Verstösse hoch sei.

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) und grössere nationale Behörden führen regelmässig Inspektionen von Studienorten im Ausland durch, seit einigen Jahren auch in Schwellenländern. Von den total 64 Inspektionen im Jahr 2011, waren 44 ausserhalb der EU. «Wir führen Stichproben im Rahmen unserer Möglichkeiten durch», sagt Pommer.

Während die europäischen Behörden für zu wenig CRO-Inspektionen kritisiert werden, hat die Schweizer Zulassungsbehörde Swissmedic noch gar keine Studienorte im Ausland vor Ort geprüft. Dazu habe man erst seit 2014 mit dem neuen Humanforschungsgesetz die rechtliche Grundlage, so Swissmedic. Bei einer Zulassung werde zudem überprüft, ob die Regeln zur korrekten Durchführung von klinischen Studien eingehalten würden. Was anhand eingereichter Dokumente nicht immer einfach ist. Tatsächlich ist es bei Swissmedic jedoch noch nie vorgekommen, dass fehlerhafte Studien aus einem Schwellenland entdeckt wurden. Im aktuellen Fall von GVK Biosciences stiessen die französischen Behörden auf die Verstösse auch erst bei einer Inspektion vor Ort in Indien. Swissmedic setzt hingegen «auf die Zusammenarbeit mit den europäischen Partnerbehörden».

Von Felix Straumann

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Für Karl Broich, den Präsidenten des Deutschen Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm), ist es einer der grössten Pharmaskandale in der Geschichte des Landes. «Die betroffenen Hersteller müssen jetzt ihre Hausaufgaben machen», sagte er im Interview mit der «Süddeutschen Zeitung». Anfang Dezember hatte seine Behörde den Verkauf von rund 80 Medikamenten verboten und 16 Pharmahersteller aufgefordert, neue Zulassungsstudien einzureichen. Zur gleichen drastischen Massnahme griff auch die französische Arzneimittelagentur ANSM und suspendierte die Zulassung von 25 Medikamenten. Die belgischen Behörden zogen vier Produkte vom Markt zurück, die luxemburgischen zwei. Betroffen sind Arzneimittel wie Blutgerinnungshemmer, Diabetesmittel und Migränemedikamente. Es handelt sich dabei in allen Fällen um Generika.

In der Schweiz ging man im Dezember davon aus, dass «weniger als zehn Generika» betroffen sind. Das Heil­mittelinstitut Swissmedic betonte in ­einer Mitteilung zudem, dass die fest­gestellten Datenmanipulationen sich nicht auf die Sicherheit der Medikamente auswirke. Und dass man die Zulassung betroffener Arzneimittel vorerst nicht suspendieren wolle – im Gegensatz zu den Behörden in Deutschland und anderen europäischen Ländern.

Späte Entwarnung

Nach dieser Reaktion wurde dem Heilmittelinstitut vorgeworfen, es handle zögerlich. Doch nun teilt Swissmedic auf Anfrage mit, dass in der Schweiz gar keine Generika erhältlich seien, die aufgrund von manipulierten Studien zugelassen seien. Wohl wegen des Informationsdefizits im Vergleich zu den Zulassungsbehörden der EU-Länder war man im Dezember offenbar noch nicht in der Lage, eine sichere Aussage zu machen.

Nach dem Durchkämmen einer grossen Zahl von Zulassungen fanden die Zuständigen einzig zwei betroffene Generika. Die Arzneien sind jedoch nur für den Vertrieb im Ausland zugelassen und in der Schweiz nicht erhältlich. Swissmedic will «nötigenfalls die Sistierung oder den Entzug der Zulassung anordnen», sagt Sprecher Peter Balzli.

Auslöser für das drastische Einschreiten einiger europäischer Zulassungs­behörden sind Missstände bei der indischen Firma GVK Biosciences in Hyderabad. Der Dienstleister mit rund 2400 Mitarbeitern führt für Pharmaunternehmen klinische Studien durch, die Voraussetzung für die Zulassung von Medikamenten sind. Im Mai 2014 stellte die französische ANSM bei einer Inspektion vor Ort fest, dass bei sämtlichen neun geprüften Studien Daten verfälscht waren. Elektrokardiogramme (EKG) waren bei einigen Versuchsteilnehmern offenbar nicht gemessen worden, stattdessen verwendete man die Messungen von anderen Teilnehmern mehrfach. GVK Bio- science widerspricht in einer Mitteilung nicht, dass EKGs ausgewechselt worden waren. Das Unternehmen findet es jedoch übertrieben, von Manipulation zu sprechen. Die EKGs hätten keine direkte Relevanz für die Qualität der getesteten Medikamente. Laut der deutschen Bfarm sind die Mängel allerdings so gravierend und vor allem systematisch, dass die Studien der Firma nicht mehr für eine Zulassung akzeptiert werden könnten, «im Sinne des vorbeugenden Patientenschutzes», wie es heisst.

Bei den beanstandeten Studien handelt es sich um sogenannte Bioäquivalenztests, wie sie für die Zulassung von Generika notwendig sind. Die Nach­ahmerpräparate enthalten bekannte Wirkstoffe von Medikamenten, deren Patentschutz abgelaufen ist. Mit den Bioäquivalenzstudien müssen die Hersteller nachweisen, dass die Generika ähnlich gut wirken wie die Originale.

Die Schweiz ist bislang glimpflich ­davongekommen. Doch der Fall GVK Biosciences ist noch nicht abgeschlossen. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat rund 1250 Zulassungen im Zusammenhang mit GVK Biosciences überprüft und veröffentlicht voraussichtlich Ende Januar ihre Empfehlungen. Dann wird sich auch zeigen, inwieweit neben Generika auch Originalpräparate von den Datenmanipulationen betroffen sind. Auch Swissmedic überprüft zurzeit Originalpräparate.

Die Schweiz steht abseits

Der Fall GVK Biosciences veranschaulicht die Grenzen von Swissmedic als ­eigenständige Behörde innerhalb von Europa. «Wir sind auf den Goodwill der EU-Behörden angewiesen», sagt Sprecher Balzli. Man sei zwar schon seit ­langem bestrebt, die Zusammenarbeit mit der EMA und den nationalen Behörden in der EU zu verbessern. «Eine ­Vereinbarung zum Informationsaustausch zwischen EMA und Swissmedic konnte bislang aber aus politischen Gründen nicht abgeschlossen werden», so Balzli.

Tatsächlich musste sich Swissmedic im Fall GVK Biosciences auf im Internet öffentlich zugängliche Informationen stützen. Die Schweizer Behörde wurde laut EMA weder vorzeitig noch mit mehr als einer allgemeinen Zusammenfassung informiert. Die Arzneimittelbehörden der EU-Länder wussten hingegen durch die Mitarbeit in EMA-Ausschüssen bereits Monate früher von den Datenmanipulationen. «Man kann nicht erwarten, dass die Einbindung von Nicht-EU-Mitgliedern gleich ist wie die von Mitgliedern», sagt ein leitender Mitarbeiter einer europäischen Zulassungsstelle, der nicht zitiert werden will.

(Tages-Anzeiger)

Erstellt: 19.01.2015, 21:47 Uhr


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