Gefahr im virtuellen Tunnel – Der Panik auf der Spur

Durchblickerin Inga Pflug im CAVE

Durchblickerin Inga Pflug im “CAVE”

Hut ab vor allen Rettungskräften, die in brennende Tunnel gehen, um eingesperrte Personen zu retten. Denn schon die virtuelle Simulation eines solchen Unglücks treibt einem den Angstschweiß auf die Stirn und lässt den Puls hochgehen. An der Uni Würzburg testen Psychologen in einem 3-D-Multisensorik-Labor, wie sich Menschen im Tunnel verhalten, wenn sie in eine Gefahrensituation geraten. Reporterin Inga Pflug hat den Selbsttest gewagt.

Auf Wände und Boden des Versuchsraums werden hochaufgelöste 3D-Bilder projiziert.

Auf Wände und Boden des Versuchsraums werden hochaufgelöste 3D-Bilder projiziert.

“CAVE” nennt sich der drei mal vier Meter große Versuchsraum. Das steht für “Computer Animated Virtual Environment”. Auf alle vier Seitenwände und sogar den Boden projizieren die Wissenschaftler hochaufgelöste Bilder in 3-D, beispielsweise von einem Unfall oder einem brennenden Laster. Dazu kommen per Lautsprecher noch die passenden Geräusche im Surround-Sound. Für das echte Tunnelgefühl setzen die Probanden eine 3-D-Brille auf und schon verliert der Raum seine tatsächlichen Abmessungen. Plötzlich wird der Tunnel “echt”.

Ein brennender Tunnel löst Panik aus.

Ein brennender Tunnel löst Panik aus.

“Die visuellen Effekte sind Gefahrenhinweise. Wenn es raucht, wenn es brennt, wenn es dunkel ist, wenn es eng ist, das sind Situationen, in denen Menschen normalerweise Angst haben”, beschreibt Max Kinateder vom Würzburger Psychologie-Lehrstuhl. Und schon der visuelle Stimulus genügt nach seiner Erfahrung, um Panik auszulösen.

 

So können die Würzburger Forscher untersuchen, wo mögliche Fehlerquellen im menschlichen Verhalten liegen. Ganz ohne dass sie ihre Versuchspersonen wirklich in Gefahr bringen.

Inga Pflug bewegt sich mit 3D-Brille und Joystick durch den Raum.

Inga Pflug bewegt sich mit 3D-Brille und Joystick durch den Raum.

Die Probanden bewegen sich – ähnlich wie in einem Computerspiel – mit einem Joystick durch den Raum. Die Steuerung ist genau wie die 3-D-Brille mit Tracking-Punkten versehen. So können die Operatoren draußen genau verfolgen, wie sich der Proband im Raum orientiert. Wo er stehenbleibt, wo er hinschaut und wie er beispielsweise auf virtuelle Leidensgenossen im Tunnel reagiert.

 

Die Operatoren können mitverfolgen, wie sich der Proband im Raum bewegt.

Die Operatoren können mitverfolgen, wie sich der Proband im Raum bewegt.

Tests der Würzburger Psychologen haben beispielsweise bereits gezeigt, dass Verunglückte schneller in den sicheren Rettungsraum flüchten, wenn auch andere (virtuelle) Personen dorthin gehen. Zögern die anderen oder laufen sie sogar in die falsche Richtung, gehen auch die Probanden seltener zum Notausgang. Außerdem schneiden Leute, die bereits ein virtuelles Training im CAVE gemacht haben, bei echten Notfallübungen wesentlich besser ab, als andere.

 

Auf Grundlage der Würzburger Forschung könnten in Zukunft möglicherweise Vielfahrer oder die Fahrer von Gefahrguttransporten besser auf Notfallsituationen im Tunnel vorbereitet werden.

Die Versuche sollen helfen, Tunnelleitsysteme zu verbessern.

Die Versuche sollen helfen, Tunnelleitsysteme zu verbessern.

Außerdem könnten die Ergebnisse in neue, sicherere Rettungssysteme für Tunnel einfließen: Wo müssen die Notausgänge sein und mit welcher Beleuchtung werden sie am besten beachtet? Es wäre sogar denkbar, sagt Max Kinateder, dass im Ernstfall einmal virtuelle Menschen auf die echten Tunnelwände projiziert werden. Damit sie dann den Menschen in Panik den richtigen Weg zeigen.

DeliciousYahoo MailShare

Open all references in tabs: [1 - 9]

Leave a Reply