Für Psychologen – VOL.AT

Taxifahren kostet, das ist klar. Nicht jed. hat soviel Kröten, um sich das öfters leisten zu können. („Jed.“ = auf den Punkt gebrachte Tschendercorrectness nach Zanzenbergmethode. )

Wer aber in Wien ein Taxi nimmt, bekommt mehr als eine Fahrt mit ein paar verbalen Ausbrüchen wie Gschissene, Mostschädl, Neandertaler. Er kriegt auch die aktuellste Wutmeldung zu den Dauerbrennern der Regierung wie Rauchverbot, Hypo, Mariahilferstraßenrückbau u.a.m. Die klassische Ausländerschimpfe hat in den letzten Jahren nachgelassen, weil die meisten Taxifahrer selbst Ausländer sind. Die typischwiener Taxler sind heute seltener anzutreffen. Einen traf ich am letzten Dienstag.

„Wohin sois gen?“ – Kaiserstraße 46a – Gut, des schoff ma, viribus unitis – Sie können Latein? – Na, ned wirklich, ich hob des klane Latinum gmocht – Dann ham Sie studiert, und was, wenn I fragn darf? – Psychologie – Und jetzt fahrn sie Taxi?. Er erzählt die ganze Geschichte. Es sei um eine Wette gegangen, nur deshalb habe er studiert. Er habe vor vielen Jahren gewettet, dass er den Doktor mache. „Um wieviel ist‘s denn gegangen?“ frage ich nach. „Um 100.000 Schüling, das war 1978 viel Geld.“ Er habe die Wette nach 5 Jahren eingelöst. Ich staune. „Haben Sie das Geld bekommen?“ Er nickt, „die wollten erst nicht zahlen, übrigens waren es vier Juristen, eh klar, oba da homs bei mir ka Chance ghobt. Schriftliche Abmachung, alles genauestens fixiert!“

- Und jetzt fahren Sie Taxi als Doktor der Psychologie? – Ja, und gern a no. Wissens, I brauch die vün Leit, I brauch den Kontakt zu di Leit, I muass herumfahrn kena, moi dohin, moi duathin, nie waast wohins geht. I mog den Beruf wiara Fiaker sei Ross und Wogn! Und no ans: I foa nua in da Nocht. I konn den Tog nid leidn und niemois kennt I hint am Schreibtisch hockn und um 5 ois foilln lossn. Vastehns?

- Ich nicke zögerlich. - „Tschuidigen, was mochn denn Sie? - „Bücher und CD“, anowrte ich. – Sogns, derf I inan wos schickn? I schreib a weng, hab Gedichte gmocht, auf Wienarisch. - „Und worum geht’s bei den Gedichten?“ – Um Frauen, sagt er, um meine geliebten Frauen, für die hab I imma Gedichtln gmocht. Er wird sie schicken. Wir sind am Ziel: Literaturhaus.

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