Forscher: Darum haben die Deutschen so viel Angst vor Ebola

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Die Bundesbürger sorgen sich zunehmend um die Epidemie – obwohl die Gefahr einer Ansteckung als unwahrscheinlich eingestuft wird.

Alfons Hamm, Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie.

Alfons Hamm, Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie.


Alfons Hamm, Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie.

Düsseldorf. Ärzte und Pfleger in Schutzanzügen, Isolierstationen und ein unberechenbarer Erreger: Die Menschen in Deutschland sorgen sich vor Ebola, obwohl die Ansteckungsgefahr in der Bundesrepublik äußerst gering ist. Im Interview unternimmt der Greifswalder Angstforscher Alfons Hamm einen Erklärungsversuch.

Herr Hamm, in Umfragen gibt ein großer Teil der Menschen in Deutschland an, Angst vor Ebola zu haben, obwohl die Krankheit hier nicht grassiert – warum ist das so?

Alfons Hamm: Es handelt sich bei der „Ebola-Angst“ eher um Sorgen. Sorgen sind die geistige Beschäftigung mit potenziellen Gefahren in der Zukunft und führen aber nur bei manchen Menschen zu körperlichen Angstreaktionen wie Schweißausbrüchen oder messbaren Erregungszuständen.

Der Mensch will Sicherheit haben und jegliche Bedrohung in der Zukunft vermeiden. Wenn er aber den Eindruck gewinnt, die Bedrohung könne nicht gemeistert werden, dann entstehen die Sorgen. Bislang steigt die Zahl der Ebola-Toten weiter an. Jetzt starb ein Patient in einem deutschen Krankenhaus. Das erzeugt den Eindruck, man bekommt das Problem nicht in Griff.

Warum haben die Menschen so wenig Angst vor der Grippe und lassen sich kaum impfen, obwohl an diesem Virus jährlich Tausende in Deutschland sterben?

Hamm: Wir Menschen sind unheimlich schlecht im Abschätzen von Risiken. Die mediale Präsenz von Ebola führt dazu, dass die Wahrnehmung dieser Risiken viel größer ist als die reale Gefahr. Hinzu kommt, dass der Mensch schon einige Grippen erlebt und überlebt hat. Bei Ebola weiß ich, dass sehr viele Erkrankte sterben und die Behandlungsmöglichkeiten begrenzt sind.

Spielt es eine Rolle, dass Ebola wegen Filmen wie „Outbreak – Lautlose Killer“ quasi auch ein Hollywood-Virus ist?

Hamm: Das darf man nicht unterschätzen. Solche spektakulären Darstellungen lösen durchaus Bedrohungsszenarien aus. Diese Filme führen zu wiederholten Gedanken an die Erkrankung, die dann auch immer wieder getriggert werden.

Wann wird die Sorge vor Ebola zurückgehen?

Hamm: Wenn zum ersten Mal die Totenzahlen nicht mehr ansteigen und der Eindruck entsteht, dass die Krankheit beherrschbar ist. Bislang hat der Mensch das Gefühl, man bekommt das Problem nicht in den Griff, auch weil es derzeit keine wirklich erfolgversprechenden Therapien gibt.

Sind die Deutschen allgemein ein eher ängstliches Volk?

Hamm: Die Deutschen sind schon sehr sorgenvoll, wie Umfragen immer wieder belegen. Über die Gründe kann ich allerdings nur spekulieren. Die Deutschen sind im Vergleich zu anderen Ländern relativ alt und die Forschung weiß, dass Sorgen tendenziell im Alter zunehmen. Dann hatten wir einen großen Krieg in Deutschland, der noch im kollektiven Gedächtnis verankert ist und möglicherweise mit einem erhöhten Bedürfnis nach Sicherheit assoziiert ist. Hinzu kommt möglicherweise auch, dass die Deutschen perfektionistischer als andere Völker eingeschätzt werden.



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