Der Erfolg von Facebook wäre undenkbar ohne Social Games. Die Gratisspiele haben eine perfide Psychologie – und einen Reiz, der stärker ist als jede Kritik.
© Marc Müller/dpa
Wer hätte das gedacht! Eine einzige Firma ist für mehr als jeden zehnten Dollar verantwortlich, den Facebook weltweit verdient. Vor dem anstehenden Börsengang musste der Internetgigant seine Bücher öffnen. Zwölf Prozent des Umsatzes im Jahr 2011 gehen laut diesen Unterlagen zurück auf Zynga. Zynga? Ein Hersteller von Spielen wie FarmVille, Mafia Wars oder CaféWorld.
Zynga ist der Marktführer bei einer neuen Art des Computerspiels. Auch der Disney-Konzern und der Spieleverlag Electronic Arts mischen in dieser Branche mit, ebenso das Berliner Start-up Wooga (an dem die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck beteiligt ist, zu der auch DIE ZEIT gehört). Ihre Produkte: Social Games. So heißen die Spielchen, die für die Nutzer Sozialer Netzwerke programmiert werden. Ohne sie, das belegt die Zynga-Zahl eindrucksvoll, wäre Facebook nicht, was es heute ist. Der Konzern verdient gleich dreifach: durch Provisionen, durch Banner neben den Spielen und durch die Werbung, die Zynga und Co. selbst schalten – Profit pur.
Außerdem sind Social Games Lehrstücke in Psychologie. Auch wer noch nie selbst gespielt hat, bleibt nicht verschont davon. Allgegenwärtig sind die bunten Webebanner, die sie anpreisen, und im Namen so manchen Freundes hagelt es Nachrichten: »Stefan lädt Dich ein, Brain Buddies zu spielen.« Vielen gelten Social Games deswegen als die Pest.
Viele andere schätzen sie als Zeitvertreib. Zum Beispiel CastleVille, Zyngas jüngst veröffentlichtes Aufbauspielchen, das von 30 Millionen Menschen gespielt wird: Da erscheint im blauen Rahmen der Facebookseite eine blitzblanke mittelalterliche Fabelwelt. Der Nutzer kann sich darin ein Schloss bauen, einen Märchenwald durchstreifen und dessen Bewohner zu seinen Untertanen machen. Klick, das Schloss erweitern. Klick, Handel treiben. Klick, Straßen ziehen, Felder anlegen oder Häuser errichten. Praktisch jede Aktion wird belohnt: In Form von Punkten, putzigen Animationen und der Möglichkeit, den gesamten Freundeskreis per Mitteilung daran teilhaben zu lassen – schließlich läuft das Spiel ja innerhalb von Facebook.
Schnelle Befriedigung
Ist das nun infantil? Möglich, aber die Sache hat Methode. Früher kosteten Computerspiele mehr als zwei Hardcover-Romane, für viele brauchte man eine eigene Spielkonsole oder wenigstens einen aufgemotzten PC. Es gab klare Klischees darüber, was für eine spezielle Sorte Mensch der »Gamer« war, und im Großen und Ganzen stimmten sie auch. Während dieses Geschäft stagniert, vervielfachen sich bei den Social Games die Nutzerzahlen. Das Potenzial ist enorm: Während, grob geschätzt, 215 Millionen aktuelle Spielkonsolen (also PS3, Wii, Xbox360) weltweit in Gebrauch sind, hat Facebook fast 850 Millionen Mitglieder – und jeder von ihnen ist nur einen Klick vom Gratisspiel entfernt. Hierzulande spiele jeder zweite Nutzer auch regelmäßig, berichtete die Unternehmensberatung A. T. Kearney im vergangenen August. Bloß spielen sie ganz andere Spiele.
Vom Ballerspiel zum Banalspiel – bei allen kunterbunten Versuchen hervorzustechen eint alle Social Games eines: Sie sind unglaublich simpel gestrickt. Bei FarmVille wird ein Bauernhof gepflegt, in Monster World ein Habitat für pixelige Schimären ausstaffiert. Beides erinnert irgendwie an das gute alte Tamagotchi. Im Aufmerksamkeitsspiel Brain Buddies können Spieler das »Gewicht« des eigenen Gehirns ermitteln – und ihren Freunden mitteilen.
Was finden die Menschen bloß daran? Wissenschaftler versuchen das mit den Mitteln der Psychologie zu beantworten. »Das gewaltige Erfolgsgeheimnis von FarmVille und Konsorten besteht darin, dass sie Menschen ansprechen, die anders funktionieren als Konsolen- oder PC-Spieler«, sagt der Medienwissenschaftler Christoph Klimmt von der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. Tatsächlich gibt es einen gewaltigen demografischen Unterschied: Social Games ziehen überdurchschnittlich viele Frauen an, sie stellen rund 70 Prozent der Nutzer, oft im Alter zwischen 35 und 45 Jahren. Gerade ist an Klimmts Lehrstuhl eine große Studie fertig geworden, in der Spieler von Social Games nach ihren Nutzungsmotiven befragt worden sind. Als die beiden wichtigsten nennt er »Realitätsflucht« und das »Gefühl der Verbundenheit« mit anderen Spielern: »Das psychologische Bedürfnis, das hier bedient wird, ist ein Kontrast zum nervenden Alltag. Und es bietet die Befriedigung schnell.«
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- ludna
- 12.02.2012 um
18:52 Uhr
"Es gab klare Klischees darüber, was für eine spezielle Sorte Mensch der »Gamer« war, und im Großen und Ganzen stimmten sie auch."
"Es gab klare Klischees darüber, was für eine spezielle Sorte Mensch der »Fernsehglotzer« war, und im Großen und Ganzen stimmten sie auch."
Operante Konditionierung: mittlerweile ist die Neurowissenschaft etwas weiter. Konditionierung klingt nach etwas roboterhaften, aber das ist sie nicht. Es geht um Dopamin (vereinfacht gesprochen). Eine Handlung führt zur zeitnahen Belohnung, peng Dopamin wird ausgeschüttet. Die Hirngebiete und Rezeptoren spielen wohl auch bei Rauschgifterkrankungen eine Rolle. Diese Spiele können alos möglicherweise tatsächlich süchtig machen, inbesondere wenn der Aufwand gering ist und schnell Belohung (postive Rückmeldung) kommt.
- Hansmaulwurf
- 12.02.2012 um
20:00 Uhr
möchte aber noch etwas ergänzen. Es ist, denke ich schon der Belohnungs-Mechanismus auf den Spiele abzielen. Aber es gehört auch noch die Herausforderung dazu (die es bspw. beim Fernsehen nur indirekt gibt), etwas das dich dazu bringt das Spiel meistern zu wollen. Blizzards prinzip lautet da zum Beispiel "easy to start hard to master". Andere sind schon von anfang an "knallhart".
Als ich noch Diablo II gespielt hab, hab ich mich mal ganz genau dabei "beobachtet" und gefragt, was ist so toll dabei: Und tatsächlich, mit jedem Hit, mit jedem Frag und mit jedem Kill kommt so ein ganz ganz bisschen Befriedigungsgefühl auf.
Das ist aber - und das ist das gemeine - um so höher, je mehr man vorher gefiebert und gelitten hat, je mehr man vorher sich beim gleichen Gegener hat abmühen müssen, vllt draufgegangen ist..
Es ist beim spielen immer das gleiche Prinzip die Erfolgs und Misserfolgsphasen halten sich mehr oder weniger die Waage und wenn es den Intellekt noch ein wenig beansprucht dann ist es "fesselnd" oder "süchtig machend".
Und auch wenn es bei Facebook scheinbar nur um Kühe füttern geht: den Kompleten Bauernhof im Auge behalten, alles koordinieren um dann endlich Ernte einholen könn'.. das spiegelt genau dieses süchtigmachende Prinzip "Herausforderung, Aufwand (o.Miserfolg) und Erfolg" wieder.
Schade dass das so unproduktiv ist. Viele Künste, Musikinstrument lernen oder Sport funktionieren genau nach dem selben Schema.. vllt mit längeren "Misserfolgsphasen".
Grüße
Hans
- Hansmaulwurf
- 12.02.2012 um
20:00 Uhr
möchte aber noch etwas ergänzen. Es ist, denke ich schon der Belohnungs-Mechanismus auf den Spiele abzielen. Aber es gehört auch noch die Herausforderung dazu (die es bspw. beim Fernsehen nur indirekt gibt), etwas das dich dazu bringt das Spiel meistern zu wollen. Blizzards prinzip lautet da zum Beispiel "easy to start hard to master". Andere sind schon von anfang an "knallhart".
Als ich noch Diablo II gespielt hab, hab ich mich mal ganz genau dabei "beobachtet" und gefragt, was ist so toll dabei: Und tatsächlich, mit jedem Hit, mit jedem Frag und mit jedem Kill kommt so ein ganz ganz bisschen Befriedigungsgefühl auf.
Das ist aber - und das ist das gemeine - um so höher, je mehr man vorher gefiebert und gelitten hat, je mehr man vorher sich beim gleichen Gegener hat abmühen müssen, vllt draufgegangen ist..
Es ist beim spielen immer das gleiche Prinzip die Erfolgs und Misserfolgsphasen halten sich mehr oder weniger die Waage und wenn es den Intellekt noch ein wenig beansprucht dann ist es "fesselnd" oder "süchtig machend".
Und auch wenn es bei Facebook scheinbar nur um Kühe füttern geht: den Kompleten Bauernhof im Auge behalten, alles koordinieren um dann endlich Ernte einholen könn'.. das spiegelt genau dieses süchtigmachende Prinzip "Herausforderung, Aufwand (o.Miserfolg) und Erfolg" wieder.
Schade dass das so unproduktiv ist. Viele Künste, Musikinstrument lernen oder Sport funktionieren genau nach dem selben Schema.. vllt mit längeren "Misserfolgsphasen".
Grüße
Hans
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- rakeller
- 12.02.2012 um
19:01 Uhr
Früher hielt ich mal die Methode der "zwei Seiten" bei der Zeit praktisch, mittlerweile nervt es mich nur noch.
Es ist schon fast so schlimm wie bei der BILD. Er unkritische Reportagen über eine tollte Firma und dann -- die bösen Facebook Spiele. Ähnliches gibt es bei verwandten Themen. Aber bestimmt wird dieser Kommentar eh gelöst. So what.
Die neue Zeit ist jetzt die FAZ. Schon irgendwie lustig.
- Olyom
- 12.02.2012 um
23:42 Uhr
Zwar finden sich in der FAZ kritische Artikel wieder, andererseits auch eine Menge parteipolitischklar positionierte Propaganda und das Zensurverhalten der FAZ ist übel.
Den Artikeln zu widersprechen, am besten mit Belegen, ist eine nahezu sichere Methode, um umsonst Geschrieben zu haben.
Gleichzeitig werden teils sogar rechtradikale Kommentare veröffentlich, wenn diee gegen die linke Seite im Bundestag gerichtet ist.
Sitzblockade gegen Rechtsradikale mit Steinewerfen gleichsetzen? Kein Problem.
Rechtsradikale Gewalt (selbst der Nazis) relativieren? Kein Problem, solange es gegen die linke Seite geht.
Hinweis auf Waffengeschäfte der Regierung? Zensiert.
Hinweis auf all die politischen Bündnisse Deutschlands mit Diktatoren? Zensiert.
Überhaupt irgend etwas, wodurch den Rechtskonservativen zu sehr auf den Schlipps tritt? Zensiert.Also ich würde die FAZ nicht unbedingt als ein Vorzeigebeispiel bringen. Sie haben Ansätze, aber insgesamt ist da selbst die Zeit noch neutraler.
- Olyom
- 12.02.2012 um
23:42 Uhr
Zwar finden sich in der FAZ kritische Artikel wieder, andererseits auch eine Menge parteipolitischklar positionierte Propaganda und das Zensurverhalten der FAZ ist übel.
Den Artikeln zu widersprechen, am besten mit Belegen, ist eine nahezu sichere Methode, um umsonst Geschrieben zu haben.
Gleichzeitig werden teils sogar rechtradikale Kommentare veröffentlich, wenn diee gegen die linke Seite im Bundestag gerichtet ist.
Sitzblockade gegen Rechtsradikale mit Steinewerfen gleichsetzen? Kein Problem.
Rechtsradikale Gewalt (selbst der Nazis) relativieren? Kein Problem, solange es gegen die linke Seite geht.
Hinweis auf Waffengeschäfte der Regierung? Zensiert.
Hinweis auf all die politischen Bündnisse Deutschlands mit Diktatoren? Zensiert.
Überhaupt irgend etwas, wodurch den Rechtskonservativen zu sehr auf den Schlipps tritt? Zensiert.Also ich würde die FAZ nicht unbedingt als ein Vorzeigebeispiel bringen. Sie haben Ansätze, aber insgesamt ist da selbst die Zeit noch neutraler.
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- tpircher
- 12.02.2012 um
19:09 Uhr
Sehr lesenswert auch der Artikel "The Sunk Cost Fallacy":
http://youarenotsosmart.c... -
- Olyom
- 12.02.2012 um
19:14 Uhr
Man kann den Tricks dieser Spiele, die gezielt darauf getrimmt werden, leicht erliegen, sich allerdings ebenso davon losreißen und dann merkt man sehr schnell, was für eine abartige Zeitverschwendung es ist und dass es einem nich einmal Spaß gemacht hat.
Achievements gehöre z.B. ebenso dazu und sind die mit Abstand günstigste Methoed für eine Entwickler, um Menschen zu "beschäftigen".
100000 mal einen Knopf drücken. Macht niemand? Achievement setzen und schon stürzen sich die Leute zu tausenden darauf.
Dann setzt man noch ein Item rein, dass man für 2€ kaufen kann und das 10 Minuten lang jeden Click fünfmal zäheln lässt und schwupps hat man sogar noch Geld damit verdient.
Werschöpfung? 0.
Unterhaltungswert? Ebenfalls 0.
Auswirkung auf das Gehirn des Clickers? nun, es bilder Synapsen fürs Clicken und schiebt dafür andere zur Seite.Und ich habe nichts gegen Spiele, nur etwas gegen stupide Spiele, die Verhaltensweise und Eigenarten von Menschen ausbeuten und letztlich einfach dumm machen.
Echte Spiele haben sogar einen edukativen Nutzen und das Prinzip des Spiels ist älter als jede Wissenschaft.
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- Varto
- 12.02.2012 um
19:17 Uhr
ich spiel seit 5 jahren online bei einem großen Anbieter und habe im laufe der jahre ca. 3000€ eingezahlt. Aber das sind peanuts zu manchen anderen. Dort zahlen Leute für virtuelle items bis zu 300$. (für einzelne Sachen). Monatsmitgliedschaft 35$ zahlen zu 80% der Leute ohne mit der Wimmper zu zucken.
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- TDU
- 12.02.2012 um
19:18 Uhr
Solange man seine Pflichten nicht vernachlässigt und sich nicht finanziell gefährdet, ist alles legitm, was man in seiner Freizeit macht. Ich glaube auch nicht, dass alle einsam davor sitzen. Villeicht liest der andere was und man erzählt sich gegenseitig von den Wunderwelten.
Wieviel Dopamin schüttet die Disco aus?. Die Frage ist eher, was einem entgeht, wenn die Beschäftigung zu einseitig wird. Aber auch das ist subjektiv. Genauso wie das, wofür jemand sein Geld ausgibt.
Und die PCS sind nach der Entwicklung von Maus- und grafikgeführten Anweisungen eben auch für alle da. Wenn man überlegt, was man unter Dos alles anstellen musste, bis was funktionierte, war allerdings damit Spätstarter, ist das nun eben Kinderleicht. Für Erwachsen aber dann auch zu durchschauen. Und bei Kindern gilt: aufpassen.
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- ludna
- 12.02.2012 um
19:22 Uhr
Hat mich auch gewundert. Die besten Artikel zu Finanzkrise stehen in der FAZ. Auch irgendwie lustig, mit anzusehen, wie das Weltbild der FAZ zusammenbricht.
Aber, entweder habe ich mich geändert, frei nach Churchill, oder die FAZ. -
- ludna
- 12.02.2012 um
19:25 Uhr
Man rechnet bei Bezahlmodellen mit 10-12 Euro/Monat. MAcht in 5 Jahren etwa 600-700 Euro. 3000 sind schon heftig.
- Varto
- 12.02.2012 um
20:33 Uhr
is doch egal wie das heißt.
Zu Weihnachen wurden Items im Shop für 130€ verkauft und die Leute konnten es kaum erwarten den virtuellen Blödsinn zu kaufen. Ich bin mir sicher, Online-Aufbauspiele machen süchtiger als so manche Droge.
- Varto
- 12.02.2012 um
20:33 Uhr
is doch egal wie das heißt.
Zu Weihnachen wurden Items im Shop für 130€ verkauft und die Leute konnten es kaum erwarten den virtuellen Blödsinn zu kaufen. Ich bin mir sicher, Online-Aufbauspiele machen süchtiger als so manche Droge.
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