Familienaufstellung: Auf der Bühne des Lebens

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Dieses alte Sprichwort gilt offenbar auch für System- und Familienaufstellungen. Bisher war die Methode, vor allem bei Wissenschaftlern, umstritten. Sie scheint jedoch zu wirken. Das zeigt die randomisiert-kontrollierte Studie des Instituts für Medizinische Psychologie des Universitätsklinikums Heidelberg – die erste, die weltweit überhaupt erstellt wurde.

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Es sind sehr unterschiedliche Anliegen, die Menschen bewegen, eine System- oder Familienaufstellung zu machen. Aufstellungen lassen sich mit der Arbeit eines Regisseurs vergleichen, der ein Bühnenbild inszeniert. Ob Schuldgefühle wegen des Todes eines Bruders vor 20 Jahren, ein Streit mit dem Partner oder die Frage, ein Haus zu bauen oder nicht: Menschen aus einer Gruppe stellen für den "Aufsteller" ein Problem, eine Beziehung nach. Je nachdem, wie dieser sie plaziert, stehen die Stellvertreter näher oder weiter voneinander entfernt. Sie können sich anschauen, aber auch mit dem Rücken zueinander stehen, aufrecht oder gebückt oder auch zusammengekauert auf dem Boden sitzen. Auch für sich selbst wählt der Klient eine Person aus, die ihn darstellt.

Familienaufstellung enthüllt Geheimnisse

Die Stellvertreter stehen auch nicht stumm herum. Sie sollen sagen, wie die realen Personen sich fühlen. Unbewusstes gelangt dann an die Oberfläche, glauben die Verfechter der Aufstellungsarbeit. Familiengeheimnisse können enthüllt werden. Ein berühmtes, oft zitiertes Beispiel: Die Stellvertreter eines Vaters und eines Sohnes sagen "ich bin nicht dein Sohn" bwz. "es stimmt nicht, dass ich der Vater bin". Aussagen, die sich als wahr herausstellen, dem Mann, der die Familienaufstellung machte, bisher jedoch nicht bekannt waren. Auch Management- und Organisationstrainer für Unternehmen arbeiten mittlerweile mit dem System. Sie werden zum Beispiel gerufen in Mobbingfällen, Streitereien in der Arbeitsgruppe oder um zu klären, wer Nachfolger des Chefs werden soll.

"Aufstellungen sind geeignet, wenn man ein klares Anliegen hat", glaubt Psychologe Jan Weinhold, der die aktuelle Studie als Projektkoordinator betreut hat. "Sie können Verstrickungen und Konflikte nach außen bringen, so dass sich dann eventuell Anregungen für Lösungen finden lassen". Unerlässlich nach Weinholds Meinung ist dabei auch ein erfahrener, gut ausgebildeter Aufstellungsleiter. Er achtet auf die Gefühle der Teilnehmer und macht Vorschläge, welche Positionen Stellvertreter noch einnehmen können.

Stabile Auswirkungen der Familienaufstellung

"Unsere Ergebnisse sagen, dass die aktiven Teilnehmer der Experimentalgruppe eine signifikant bessere psychische Befindlichkeit und weniger psychische Belastungen aufwiesen als die Kontrollgruppe", sagt Jan Weinhold über die neue Untersuchung. Die positiven Auswirkungen blieben sowohl nach zwei Wochen, als auch nach vier Monaten stabil. Die Heidelberger Studie ist deshalb bemerkenswert, weil bisher nur wenige Untersuchungen vorliegen. Meist führten die untersuchenden Wissenschaftler sogar noch selbst mit den Teilnehmern die Familienaufstellungen durch. Forscher testen ihre eigene Therapie - ein methodisch fragwürdiges Vorgehen.

Das Team um Jan Weinhold und den Projektleiter Jochen Schweitzer dagegen hat beobachtet. 208 Menschen meldeten sich für die Studie. Die eine Hälfte – zufällig ausgewählt - nahm an einem dreitägigen Seminar teil, wobei 64 Personen ein eigenes Thema aufstellen, die anderen waren beobachtende Teilnehmer. Die andere Hälfte wurde in einer Wartegruppe geführt, bis sie nach vier Monaten ebenfalls an einem Familienaufstellungs-Seminar teilnahmen.

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