Fachverband NGfP gegen Kooperation mit Bundeswehr – bundeswehr

Berlin. Beim Lazarettregiment 31 in der Berliner Blücher-Kaserne fand am 13. März ein Seminar für zivile Psychotherapeuten statt. Initiatoren dieser Fortbildungsveranstaltung waren die Bundeswehr und die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) auf Grundlage einer am 9. September vergangenen Jahres unterzeichneten Vereinbarung. Nach dieser Vereinbarung zwischen der BPtK und dem Bundesministerium der Verteidigung können Soldaten mit psychischen Erkrankungen nun auch Psychotherapeuten in Privatpraxen konsultieren. Die Neue Gesellschaft für Psychologie (NGfP) kritisierte die Zusammenarbeit scharf.

Psychisch erkrankte Soldaten, vor allem Rückkehrer aus Auslandseinsätzen mit Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS), können jetzt nach dieser Vereinbarung in einem geregelten Verfahren leichter und schneller einen ambulanten Behandlungsplatz finden. In der Vergangenheit war dafür seitens der Bundeswehr eine aufwendige Einzelfallprüfung notwendig gewesen. Die BPtK unterstützt die Bundeswehr dabei, eine ausreichende Anzahl von Psychotherapeuten für die Versorgung ihrer betroffenen Soldaten zu finden. Das Berliner Seminar sollte interessierten niedergelassenen Fachkräften einen ersten Einblick in den Bundeswehralltag und die Realität von Auslandseinsätzen geben.

„Weder Behandlungsmethoden noch Behandlungsziele vorgeben“

Die 1991 gegründete wissenschaftliche Fachgesellschaft NGfP kommentierte die Zusammenarbeit zwischen dem Verteidigungsministerium und der Bundespsychotherapeutenkammer in einer Stellungnahme anlässlich ihres Symposiums „Trommeln für den Krieg“. In der am 8. März veröffentlichten Stellungnahme heißt es unter anderem: „Psychisch belastete oder traumatisierte Soldaten bedürfen selbstverständlich einer psychotherapeutischen Behandlung, aber psychotherapeutische Behandlung von Soldaten muss unabhängig von der Bundeswehr sein.“ Das Verteidigungsministerium oder die Truppe dürften weder die Behandlungsmethoden noch Behandlungsziele vorgeben. Es könne nicht Aufgabe von Psychologen sein, Reaktionen von Soldaten auf Kriegshandlungen – wie Entsetzen, Abscheu und Angst vor erneutem Erleben – „wegzutherapieren, um Soldaten für den nächsten Einsatz fit zu machen“.

In einem Interview mit der überregionalen Tageszeitung Junge Welt (nach eigenem Selbstverständnis „unabhängig und marxistisch orientiert“) erklärte Klaus-Jürgen Bruder, Professor an der Freien Universität Berlin und Vorsitzender der Neuen Gesellschaft für Psychologie: „Wir kritisieren den Rahmen der Abhängigkeit vom Militär, in dem die Therapie stattfinden soll. Erwartet wird eine bestimmte Haltung gegenüber den Auslandseinsätzen der Bundeswehr: Der Therapeut verpflichtet sich, ihnen nicht kritisch gegenüberzustehen.“

„Dritte dürfen keinen Einfluss auf die Therapie haben“

NGfP-Vorsitzender Bruder machte in dem Interview noch einmal die grundsätzliche Position seiner Vereinigung deutlich. „Wir lehnen psychotherapeutische Behandlungen unter der Regie der Bundeswehr ebenso ab wie die von ihr organisierten Fortbildungen … Der jeweilige Therapeut muss dafür sorgen, dass Dritte keinen Einfluss auf die Behandlung nehmen können … Wir meinen, dass das Leiden an den Bedingungen und Folgen eines Kriegseinsatzes seine Ursachen hat, und dass der Soldat dann auch nicht wieder dorthin zurückkehren soll.“

Die Neue Gesellschaft für Psychologie ist eine Vereinigung von Wissenschaftlern der Psychologie und deren Nachbarprofessionen sowie in diesen Feldern tätigen Praktikern. Sitz der NGfP ist Berlin.


Die ausgewählte Bildcollage befasst sich mit dem Thema der Posttraumatischen Belastungsstörung bei Militärangehörigen.
(Foto: Lance Page/truthout)

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