Facharzt für Neurologie und Psychologie Dr. Holger Schmidt über Demenz und … – all


In Lindenberg kümmert sich das Fachzentrum für Demenz der Caritas Sozialstation seit einem Jahr gebündelt um diese Krankheit.

Einmal im Monat ist Dr. Holger Schmidt (48 Jahre), Facharzt für Neurologie und Psychologie vor Ort und untersucht Menschen in seiner Gedächtnis-Sprechstunde.

Darüber, und über Vergesslichkeit und Demenz im Allgemeinen hat Anna Feßler mit Dr. Schmidt gesprochen.

Eine Verabredung mit einem Freund, beim Einkauf die Milch oder den Namen eines flüchtigen Bekannten – wir vergessen alle hin und wieder Dinge. Ab wann sollte man zu Ihnen in die Gedächtnissprechstunde kommen?

Holger Schmidt: Dann, wenn die Gedächtnisstörungen beginnen den Alltag einzuschränken. Es ist ganz normal, dass man gerade im Alter mehr vergisst. Deshalb muss man nicht gleich alles behandeln. Wenn jedoch der Betroffene, die Angehörigen oder der Hausarzt der Meinung sind, dass die Vergesslichkeit für den Alltag relevant sind, sollte man etwas tun.

Welche Einschränkungen sind denn bedeutsam für den Alltag?

Schmidt: Wenn man zum Beispiel wichtige Daten oder Termine vergisst, beim Einkauf nichts mehr von den wichtigen Dingen mitbringt oder Probleme hat, sich in seiner Umgebung zurechtzufinden oder wieder nach Hause zu finden.

Seit einem Jahr bieten Sie die Gedächtnis-Sprechstunde in den Räumen des Fachzentrums für Demenz an. Wie läuft eine Behandlung ab?

Schmidt: Zunächst findet ein Gespräch statt. Das dient auch dazu, um abzuklären, ob die Gedächtnisstörung für den Alltag bedeutsam ist oder ob andere Erkrankungen wie Depressionen vorliegen. Außerdem mache ich neuropsychologische Tests mit den Patienten.

Was wird da genau gemacht?

Schmidt: Dazu gehören einfache Rechenaufgaben oder Gedächtnistests. Der Patient wird aufgefordert eine Uhr zu zeichnen oder das heutige Datum zu nennen. Außerdem überprüfe ich, ob er komplizierte Sätze versteht.

Was können Sie bei einer ersten Behandlung erreichen?

Schmidt: Man kann viele Menschen wieder beruhigt nach Hause schicken. Nur bei etwa 20 Prozent der Menschen gibt es ernsthafte Anzeichen für eine Gedächtnisstörung.

Wie kann man Alzheimer oder andere Demenzerkrankungen diagnostizieren?

Schmidt: Eine 100-prozentige Diagnose ist so gut wie unmöglich. Das ist erst nach dem Tod des Menschen möglich, wenn man das Gewebe im Gehirn untersucht. Besteht ein Anfangsverdacht werden weitere Untersuchungen gemacht, es wird Blut entnommen und eine Computertomografie oder ein Kernspin vom Kopf gemacht. Dies dient vor allem dazu, um andere Ursachen für die Gedächtnisstörung, wie etwa einen Tumor im Kopf, auszuschließen. So kann sich die Diagnose einer Demenz nach und nach verdichten.

Was bringt es, wenn Alzheimer oder eine Demenzerkrankung frühzeitig entdeckt wird? Heilbar ist sie in den meisten Fällen ja nicht...

Schmidt: Mich stört das Wort frühzeitig. Durch eine medikamentöse Behandlung kann man den Krankheitsverlauf verzögern. Jedoch ist dies erst sinnvoll, wenn schon relevante Symptome da sind. Sonst werden auch manche Patienten fälschlicherweise behandelt, die überhaupt nicht an einer Demenz leiden.

Was ist das besondere an Ihrer Gedächtnis-Sprechstunde?

Schmidt: Unser Angebot ist sehr niedrig-schwellig. Man muss keine bestimmten Voraussetzungen mitbringen. Außerdem ist es für die Menschen im Westallgäu eine wohnortnahe Anlaufstelle. Zudem kann ich durch die Tagesklinik in Lindau auf einen breiten Expertenkreis aus Ärzten und Psychologen zurück- greifen.

Worum geht es in Ihrem Vortag im Seniorenzentrum?

Schmidt: Es geht um alle Arten von Gedächtnisstörungen und deren Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten, die auch als Teil einer Demenz auftreten können, jedoch nicht nur. Es gibt ganz viele Ursachen für Gedächtnisstörungen, wie etwa psychische Erkrankungen oder Überanstrengung.

Vortrag: „Glatt vergessen – Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten von Gedächtnisstörungen“ mi Holger Schmidt am morgigen Freitag, 16 Uhr im Seniorenheim St. Martin in Lindenberg.

Leave a Reply