«Es ist das kleinste Drogenproblem»

Die Flughafenpolizei hat im letzten Jahr in Zürich fast eine halbe Tonne der Kaudroge Khat beschlagnahmt. Ist die Droge hier jetzt in?
Nein, bei uns überhaupt nicht. In Ländern auf der arabischen Halbinsel dagegen schon. Der massive Anstieg im Vergleich zum Jahr 2013 oder 2012 spiegelt wahrscheinlich vor allem die Zunahme der Anzahl Migranten aus diesen Regionen wider. Khat ist dort ein Teil der ­Kultur. Männer treffen sich und kauen dabei Khat. Es berauscht und baut soziale Hemmungen ab. Wer jedoch nicht an die Kaudroge gewöhnt ist, findet den Geschmack scheusslich.

Sind 458,8 Kilogramm Khat eine grosse Menge?
Im Prinzip kann man damit nicht sehr viele Leute bedienen. Denn um eine ganze Backe voll zu bekommen, muss man mehrere Gramm solcher Blätter kauen. Khat muss schnell nach dem Pflücken konsumiert werden, da es in der Regel innerhalb von ein bis drei ­Tagen vertrocknet und dann keine ­psychotrope Wirkung mehr hat.

Sind Khat-Blätter in anderen ­europäischen Ländern erlaubt?
In der Schweiz fallen sie unter das Betäubungsmittelgesetz. In England sind sie indes legal.

Wie wirkt Khat?
Beim Kauen geben die Blätter vor allem den anregenden Stoff Cathinon in die Mundschleimhaut ab. Die stimulierende Wirkung liegt ungefähr zwischen starkem Kaffee und einer mittleren Dosis Ritalin. Es gibt aber keinen Flash, also kein ekstatisches Hochgefühl wie beispielsweise bei Kokain. Kath verfügt ­somit im Gegensatz zu Kokain und ­Amphetaminen wie Speed oder Crystal Meth nur über ein sehr kleines Gefahrenpotenzial. In der Schweiz ist Kath ­somit das kleinste Drogenproblem, das wir haben. Erst recht, wenn man es mit Alkohol und Nikotin vergleicht.

Wie lang hält die Wirkung an?
Ähnlich wie andere Stimulanzien passiert die Substanz die Bluthirnschranke und beeinflusst im Gehirn die Botenstoffe Dopamin und Noradrenalin. Es erhöht die Wachsamkeit, hellt die Stimmung auf und enthemmt. Unangenehm wird es, wenn ein gewisses Mass überschritten wird, sodass es auch zu psychotischen Symptomen wie Halluzinationen kommen kann. Der Wirkstoff der Kath-Blätter bleibt aber nur ein paar Stunden im Körper und wird dann von Leber und Niere wieder abgebaut.

Lässt sich die Rauschdroge nach dem Vorbild der Natur auch chemisch herstellen?
Ja, solche im Labor hergestellten Cathinon-Derivate haben im Vergleich zu den Kath-Blättern ein viel stärkeres Gefährdungspotenzial. Denn sie lassen sich viel höher dosieren, über die Nase einnehmen oder über eine Injektion verabreichen. Verkauft werden sie als «Badesalz» oder als «Pflanzendünger». Diese so genannten Research-Chemicals haben ein vergleichbares Abhängigkeitsrisiko wie Kokain oder Amphetamine.

Bekommt man durch die Kaudroge Khat schlechte Zähne?
Nein, nur die Zähne verfärben sich. Doch das Risiko für Mund-, Speise­röhren- und Zungenkrebs ist bei Kath-Kauern erhöht.

(Tages-Anzeiger)

(Erstellt: 06.02.2015, 20:15 Uhr)

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