Erkenntnis-Schock: Schwulsein dient der Arterhaltung!

Von Psychologie aktuell Redakteurin Susanne Frisch.

Man liest und hört viel über homosexuelle Frauen und Männer, die um ihre Rechte streiten. Immer wieder verweisen dabei selbsternannte Wertkonservative auf die Tierwelt, die angeblich homofrei sei. Aber stimmt das überhaupt? Was ist mit den Tieren?

Eine knifflige Frage?

Nun kann man Tiere zwar nicht befragen, wen sie lieben, aber man kann relativ einfach beobachten, wen sie „anziehend" finden. Und da ist die Frage nach den homosexuellen Tieren erstaunlich einfach zu beantworten: Ja, es gibt ganz eindeutig lesbisches und schwules Verhalten bei Tieren. Und nein, nicht nur in Zirkussen, Zoos oder anderen widernatürlichen Umgebungen.

Einmal quer durch die Schöpfung!

Gesichert ist homosexuelles Verhalten unter anderem bei Bisons, Bären, Karibus, Katzen, Delphinen, Rindern, Hunden, Elefanten, Füchsen, Giraffen, Ziegen, Pferden, Pinguinen, Flamingos, Kranichen, Koalas, Löwen, Waschbären, Störchen, Emus, Hühner, Eulen, Möwen, ja sogar bei dutzenden von Reptilienarten. Es wurden sogar schon unzählige Versuche unternommen, schwule Tiere umzuerziehen - ohne jeden Erfolg.

Oslo war wegweisend!

Im Naturkundemuseum von Oslo gab es 2007 eine wissenschaftliche Ausstellung zum Thema, die keine Zweifel offen ließ: Homosexuelles Verhalten unter Tieren ist real. Übrigens bewegt sich die Quote von homosexuellen Tieren recht konstant um 3%, bei uns Menschen sind die Zahlen kulturübergreifend identisch. All das sind keine neuen Erkenntnisse. Die Fakten wurden von Beach 1979, Denniston 1980, Vasey 1995, Weinrich 1982 und anderen Forschern bereits beschrieben, allerdings werden sie gerne verdrängt.

Warum weiß davon kaum jemand?

Die Osloer Ausstellungsmacher klären auf: Bei weit über 1500 Tierarten ist nach Auskunft des leitenden Wissenschaftlers, Geir Söli, homosexuelles Verhalten gesichert. Bei rund 500 davon seien die Befunde zudem wasserdicht dokumentiert. "Und das ist nur die Spitze des Eisbergs", so Söli im Nachrichtenmagazin Der Spiegel.

Peinlich berührte Naturforscher!

Lange, so Söli weiter, sei die Homosexualität im Tierreich einfach ignoriert worden. "Es konnte nicht sein, was nicht sein durfte", ergänzt Psychologe Dr. Hans Schneider. "Hier waren und sind Menschen mit einer Schere im Kopf unterwegs". Söli erklärte im Spiegel, Wissenschaftler hätten etwa bei einer Giraffen-Studie in Afrika kurzes Beschnuppern zwischen Männlein und Weiblein als sexuelles Interesse gewertet. Habe aber ein Giraffenmännchen ein anderes zu eindeutigen Zwecken bestiegen, dann hätten die Forscher dies als Revierkampf klassifiziert - absurderweise sogar dann, wenn das Geschehen eigentlich keinerlei Interpretationsspielraum mehr zuließ.

Pannen der Natur?

Die Biologin Lindsay C. Young berichtete bereits vor einigen Jahren in der Tageszeitung Die Welt über lesbische Albatrospärchen, die bis zu 70 Jahre alt werden und sich ein Leben lang mit derselben Partnerin zufriedengeben. Ihre Trennungsrate sei eine der niedrigsten in der Vogelwelt. Über lange Zeiten seien solche Beobachtungen als Irrtum oder "Panne der Natur" abgetan worden. Doch die Zeitschrift Nature spekulierte in einem guten, aber relativ wenig beachteten Beitrag bereits in den neunziger Jahren darüber, homosexuelles Verhalten könne auch einen evolutionären Sinn haben, da es eine Zunahme der Population sicherstelle.

Wie bitte? Schwule sichern die Art?

Blödsinn, mag man sich da denken. Wie soll ausgerechnet Homosexualität der Arterhaltung dienen? Aber langsam, die These hat es in sich! Die Autoren berichteten damals über Forschungen, die ergeben hatten, dass es mit der Arterhaltung insgesamt deutlich besser klappt, wenn ein niedriger einstelliger Prozentsatz der Population homosexuell veranlagt ist. Und zwar, weil die durchschnittliche Überlebensrate der neuen Generation besser sei, wenn nicht alle Individuen damit beschäftigt seien Nachwuchs zu zeugen und großzuziehen. Die Brutpflege, so die Autoren, binde extrem viele Kapazitäten und mache die Gruppe in freier Wildbahn leichter angreifbar und insgesamt instabiler.

Tatsächlich!

So macht es im Sinne der Arterhaltung überraschenderweise tatsächlich Sinn, wenn einige Mitglieder einer Population ganz sicher nie mit Brutpflegefragen beschäftigt sind. Die auf diese Weise frei bleibenden pesonellen Ressourcen dienen dem Schutz und der Unterstützung der Gruppe als Ganzes. Demnach wären die homosexuellen Mitglieder einer Population quasi die „Backup und Support Einheiten" der Natur, die das Überleben der Art als Ganzes sicherer und produktiver machen.

Welchen Sinn hat das heute?

In unserer modernen Zeit, in der die übergroße heterosexuelle Mehrheit Sex ohne Schwangerschaft haben kann und zivilisatorische Errungenschaften die Rolle von Support- und Backup-Systemen übernommen haben, erschließt sich dies nicht auf den ersten Blick. Aber es ist mit jener der Natur innewohnenden Logik vereinbar, die man an vielen Stellen beobachten kann.

Das Fazit!

Homophobie wird es wohl leider immer geben und in einem menschlich wertschätzenden Rahmen hat jeder das Recht auf seine private Meinung. Allerdings ist der Verweis auf die Tierwelt kein Argument mehr, das die Schwulenhasser benutzen können, ohne sich als biologische Analphabeten zu outen.

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