Entscheiden Ältere schlechter als Junge?

Trotz geringerer geistiger Beweglichkeit treffen ältere Menschen gewisse Entscheidungen genauso gut wie jüngere – allerdings nur, wenn die Zahl der Optionen begrenzt ist. Dies zeigen Studien des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung.


Der menschliche Alterungsprozess geht mit einem deutlichen Rückgang der sogenannten fluiden kognitiven Fähigkeiten einher: etwa mit einem reduzierten Arbeitsgedächtnis und langsamerer Verarbeitung. In Anbetracht der Tatsache, dass wichtige Beschlüsse in Politik und Wirtschaft häufig von Menschen im fortgeschrittenen Alter getroffen werden, stellt sich die Frage, wie gut die Entscheidungen älterer Menschen im Vergleich zu denen jüngerer sind. Antworten suchten nun Psychologen des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Zusammenarbeit mit Kollegen von der Universität Basel.

Erfahrungsbasierte Entscheidungen

Der Fokus der Untersuchungen lag auf sogenannten „erfahrungsbasierten“ Entscheidungen: Bei diesen sind nicht alle relevanten Fakten bekannt; erst durch Informationssuche lernt der Entscheidende mögliche Folgen und Risiken einzuschätzen. Da bei diesem Prozess fluide kognitive Fähigkeiten von Bedeutung sind, besteht Grund zur Annahme, dass ältere Erwachsene bei erfahrungsbasierten Entscheidungen schlechter abschneiden als jüngere.

Wahl zwischen Lotterien

In den Experimenten bestand die Aufgabe der Probanden (Durchschnittsalter: 24 bzw. 71 Jahre) darin, zwischen zwei verschiedenen „Lotterien“ zu wählen, die mit Hilfe zweier Boxen auf dem Bildschirm dargestellt waren.Vor der Entscheidung konnten die Teilnehmer beliebig oft auf die Boxen klicken, wobei für kurze Zeit mögliche Gewinne oder Verluste angezeigt wurden. So konnten die Teilnehmer lernen, welche Option langfristig günstiger war, also den höheren Gewinn bzw. den niedrigeren Verlust versprach.

Einfach und erfolgreich

Es zeigte sich, dass die älteren Erwachsenen etwa genauso viel Aufwand bei der Informationssuche betrieben wie die jüngeren. Auch wählten sie ebenso so oft wie ihre jungen Mitstreiter die vorteilhaftere Option. Die Psychologen analysierten daraufhin die Lernprozesse der Studienteilnehmer mit Hilfe von Computersimulationen und fanden einen möglichen Grund für das Resultat: Sowohl jüngere als auch ältere Erwachsene wendeten relativ einfache, aber erfolgreiche Lernstrategien an – und diese werden durch reduzierte fluide kognitive Fähigkeiten nicht allzu stark beeinträchtigt.

Altersunterschied nur bei großer Auswahl

Erst als in einem weiteren Experiment die Teilnehmer nicht mehr zwischen zwei, sondern zwischen vier oder gar acht Lotterien zu wählen hatten, zeigte sich ein Rückgang in der Leistung der älteren Erwachsenen im Vergleich zu den jüngeren – vor allem beim Aufwand bei der Informationssuche.

Literatur

Frey, R., Mata, R. Hertwig, R. (2015). The role of cognitive abilities in decisions from experience: Age differences emerge as a function of choice set size [Abstract]. Cognition, 142, 60-80.

16. Juli 2015
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Foto: © Susanne Koch

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