Einfluss der ersten Beziehung auf die Persönlichkeit

Die erste feste Beziehung macht zufriedener, verändert aber kaum die Persönlichkeit. Zu diesem Schluss kamen Psychologen der Universitäten Kiel und Tübingen in einer aktuellen Studie.


Bisher nahm man an, dass es die Persönlichkeit maßgeblich beeinflusst, wenn junge Menschen neue Rollen übernehmen, zum Beispiel in einer Partnerschaft. Allerdings konnten entsprechende Studien keine kausalen Zusammenhänge nachweisen, da nicht berücksichtigt wurde, ob sich Personen, die früh eine Partnerschaft eingehen, möglicherweise von vornherein von denjenigen unterscheiden, die sich später binden. Psychologen der Universitäten Kiel und Tübingen wählten nun ein neues Studiendesign und untersuchten, wie sich die erste feste Partnerschaft auf Persönlichkeit und Wohlbefinden auswirkt.

Befragungen zwischen 2004 und 2008

Die Forscher verwendeten die Daten der TOSCA-Studie der Universität Tübingen. Zum ersten Messzeitpunkt 2004 waren die Befragten 21 Jahre alt und knapp 20 Prozent von ihnen hatten noch keine Beziehungserfahrung. Diese 312 jungen Erwachsenen wurden im Abstand von zwei Jahren zu ihrer Persönlichkeit, ihrem Selbstbewusstsein, ihrer Lebenszufriedenheit und ihrer Neigung zu Depressionen befragt. Zudem wurden jeweils Beziehungserfahrungen erfasst. Dabei ergaben sich drei Gruppen: Personen, die über den gesamten Zeitraum Singles blieben, Personen, die nach zwei Jahren (im Alter von 21 bis 23 Jahren) Beziehungserfahrung aufwiesen und Personen, bei denen dies erst nach vier Jahren (also im Alter von 23 bis 25 Jahren) so war.

Mehr Lebenszufriedenheit durch die erste feste Beziehung

Für die Auswertung der Daten bildeten die Wissenschaftler „Zwillinge“, das heißt Paare von Personen, die sich bezüglich Persönlichkeit, Selbstwertgefühl, psychischer Stabilität oder Lebenszufriedenheit maximal ähnlich waren, bevor sie die erste Beziehung eingingen.

Es zeigte sich, dass junge Erwachsene mit Beziehungserfahrungen zufriedener mit ihrem Leben waren als Singles. Dies galt sowohl für Personen, die im Alter von 21 bis 23 Jahren erstmals einen festen Partner hatten, als auch für diejenigen, die sich später erstmals banden.

Einfluss auf die Persönlichkeit nur bei „Spätzündern“

Mit Blick auf mögliche Persönlichkeitsveränderungen stellten die Wissenschaftler fest, dass sich die Studienteilnehmer, die früh ihre erste Beziehung hatten, nicht von den Singles unterschieden. Die Beziehung schien demnach keinen Einfluss auf die Persönlichkeit zu haben. „Spätzünder“ hingegen, also diejenigen, die erst zwischen 23 und 25 Jahren eine erste Partnerschaft eingingen, beschrieben sich im Vergleich zu gleichaltrigen Singles als extravertierter sowie gewissenhafter, emotional stabiler und weniger anfällig für Depression. Die Forscher nehmen an, dass dieser Effekt der Beziehung auf die Persönlichkeit damit zusammenhängen könnte, dass spätere Partnerschaften einen ernsthafteren Charakter hätten und dadurch die Persönlichkeit mehr beeinflussten.

Allerdings zeigten sich in der Studie umgekehrt auch Einflüsse der Persönlichkeit auf Beziehungen: So hatten insbesondere emotionale Stabilität und Extraversion Einfluss darauf, ob jemand eine Partnerschaft einging oder nicht.

Literatur

Wagner, J., Becker, M., Lüdtke, O. Trautwein, U. (2015). The first partnership experience and personality development: Assessing the causal effect of (starting a) first partnership in young adulthood [Abstract]. Social Psychological and Personality Science, 6, 455-463.

11. Juni 2015
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs)
Foto: © sashkalenka – Fotolia.com

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