Ein verdrehter Fisch und der Mensch

Shutterstock

Zahllose Nervenbahnen kreuzen von der einen zur anderen Körperseite. So wandern zum Beispiel die Informationen aus dem rechten Auge zu einem großen Teil in den linken Bereich des Gehirns, linke Bereiche des Hirns steuern motorische Abläufe der rechten Körperseite und umgekehrt. Wie diese Kreuzungen entstanden sein könnten, wurde bislang nicht geklärt. Es wurde allerdings angenommen, dass es sich um eine evolutionäre Anpassungsleistung zur Steigerung der Qualität der Sinneswahrnehmung handelt.

Dieser Ansicht widersprechen Dr. Marc de Lussanet, Biologe und Neurowissenschaftler am Institut für Psychologie der Universität Münster und Prof. Dr. Jan Osse aus Wageningen aus den Niederlanden. Nach Meinung des Forscherteams hat sich ein urzeitlicher Fisch und Ahne der Wirbeltiere dauerhaft nach links gedreht, vielleicht um sich zur Tarnung an den Meeresboden zu schmiegen. Im Laufe der Entwicklungsgeschichte des Tieres muss sich der Körper der seitlich liegenden Position angepasst haben.

Den Prozess ist ein wenig wie der Entwicklungsprozess bei einem Plattfisch vorstellbar. Auch hier schwimmen die Larven erst aufrecht. Alle wichtigen Sinnesorgane sind symmetrisch rechts und links am Körper ausgeprägt. Drehen sich die wachsenden Larven in die für Plattfische übliche Seitenlage, wandern etliche Organe des Fischs in eine neue Position. Allerdings muss sich bei dem urzeitlichen Vorfahren laut der Forschungsergebnisse im Laufe der Evolution bei dem Drehprozess wieder eine zweiseitig- symmetrische Anordnung etabliert haben.

Zum Beispiel: Ein Auge rechts, ein Auge links, eine Steuerflosse rechts, eine links. Dabei mussten die Sinnesorgane erheblich nach rechts oder links wandern – und die typischen Nervenbahnkreuze entstanden. Diese Erkenntnisse decken sich auch mit Befunden aus der frühsten Embryonalentwicklung von Hühnern und Zebrafischen. Die symmetrische Rechts – Links- Anordnung bietet für viele Tiere einen evolutionären Vorteil. Daher hat sie sich trotz Drehung wieder etabliert. Wohingegen die Lage der Inneren Organe aufgrund mangelnder Notwendigkeit unverändert geblieben sein könnten.

Einen evolutionären Vorteil aufgrund der Nervenbahn- Chiasmen, wie bislang angenommen, sehen die Wissenschaftler allerdings nicht. “Wir liefern erstmals eine schlüssige Erklärung für die Vielzahl der gekreuzten Nervenverbindungen im Vorderhirn und die Tatsache, dass diese Kreuzungen bei Wirbeltieren so verbreitet sind”, so Marc de Lussanet. “Und zwar im Gegensatz zu dem, was die alte Theorie besagt, ohne jegliche Verbesserungen der Wahrnehmung oder der Handlungssteuerung.”

Quelle: Medical Press

18.05.12

Newsletter An-/Abmeldung

FrauHerr

Leave a Reply