Draussen vor dem Tor



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Draussen vor dem Tor

In Liberia sind die Spitäler hoffnungslos überfüllt – unzählige Kranke werden gar nicht erst eingelassen. Daran werden auch die US-Soldaten nichts ändern, die US-Präsident Barack Obama entsandt hat.

Ein Ebola-Patient wird in Monrovia vom Gesundheitspersonal in eine Ambulanz verladen. Foto: Reuters

Ein Ebola-Patient wird in Monrovia vom Gesundheitspersonal in eine Ambulanz verladen. Foto: Reuters

Andrew Mambu.

Jens Pederson.

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Das Schlimmste ist der Dienst am Tor. «Dort ist das Gegenteil von dem gefragt, weswegen ich einst Krankenpfleger geworden bin», sagt Jens Pederson. Am Tor muss der 33-jährige Däne mit dem Ebola-Virus infizierte Liberianer abweisen, nur weil sie noch nicht krank genug sind: Denn die Ärzte ohne Grenzen (MSF) am Rand von Liberias Hauptstadt Monrovia verfügen nur über wenig mehr als 120 Plätze. Würde das Tor geöffnet, strömten Dutzende oder gar Hunderte Kranke auf das mit weissen Zelten voll gestellte Gelände. Das Hilfswerk hat die Ambulanzen gebeten, nur noch die gravierendsten Fälle zu bringen.

Trotzdem werden Tag für Tag dreissig bis vierzig Patienten in Privatwagen angekarrt, nur um meistens wieder nach Hause geschickt zu werden. Denn im Elwa 3 genannten Behandlungszentrum werden täglich nur rund zwanzig Plätze frei, rechnet Pfleger Pederson vor: Zehn bis fünfzehn Menschen sterben, fünf werden als geheilt entlassen, höchstens zwei stellen sich als Ebola-negativ heraus.

Am Tor zerbrochen

Am Tor ist schon mancher Kollege Pedersons zerbrochen: Ein dort eingesetzter französischer Anthropologe ist nicht mehr aufzufinden – er hat wohl eine Pause nötig. Am Tor zu arbeiten, sei wesentlich härter, als die hochansteckenden Kranken in der Isolierstation zu behandeln, sagt Pederson: «Dort rettet man immerhin einige Leben.» Als Freunde von seiner Entsendung nach Liberia erfahren hätten, hätten sie die Augen aufgerissen, erzählt der Däne. Doch er arbeite seit sieben Jahren für MSF, «da sagt man nicht Nein». Allerdings: «So etwas wie hier habe ich noch nirgends erlebt.»

Die Entwürdigung der Patienten macht Pederson am meisten zu schaffen. Sie würden durch das Virus dermassen geschwächt, dass sie sich nicht einmal mehr auf die Toilette schleppen könnten: «Sie liegen oft im Erbrochenen und in ihren Exkrementen. Das ist nur schwer zu ertragen.» Die 140 Pflegekräfte – zehn davon sind Ausländer – können nicht viel mehr tun, als die Patienten einigermassen sauber zu halten und ihnen Flüssigkeit und Medikamente gegen die Symp­tome zu geben. Ein Mittel gegen das Virus gibt es nicht. Auch zwischenmenschlicher Kontakt ist kaum möglich: Mit ihrem Mundschutz können sich die Helfer nur laut rufend verständigen. Jemanden in den Arm zu nehmen, ist ­wegen der die Beweglichkeit stark einschränkenden Schutzanzüge ausgeschlossen. «Macht jemand eine falsche Bewegung, und der Schutzanzug reisst . . .» Pederson beendet den Satz nicht.

Kein Platz für Malaria-Kranke

In seinem extraterrestrisch anmutenden Overall fühlt sich der Pfleger allerdings so sicher wie nirgendwo sonst. Den gelben Anzug mitsamt Brille, Mundschutz, Handschuhen und Kapuze an- und auszuziehen, ist eine Prozedur, die peinlich genau einstudiert und minutiös überwacht wird. Ein falscher Handgriff könnte den Tod bedeuten. Während sich vom ausländischen MSF-Personal bislang noch keiner infiziert hat, wurden drei lokale Mitarbeiter in Guinea, Sierra Leone und in der liberianischen Provinz angesteckt.

Andrew Mambu hat fünf Kollegen verloren – sie waren alle in staatlichen Kliniken beschäftigt. In keinem Berufszweig hat die Seuche schlimmer gewütet: Fast 200 Ärzte, Schwestern und Pfleger sind dem Virus in Westafrika bereits zum Opfer gefallen. Seine Kollegen seien der Epidemie vollkommen ungeschützt ausgesetzt worden, erzählt der 32-jährige Krankenpfleger. Als sich die Konsequenzen zeigten, blieben viele seiner Kollegen ihrer Arbeit fern. Darauf schloss ein Spital nach dem anderen die Tore. Wer heute an Malaria oder einer Lungenentzündung erkrankt, muss angesichts mangelnder Pflege mit dem Tod rechnen. Für Ebola-Kranke gibt es in Monrovia neben dem MSF-Camp nur zwei staatliche Isolierstationen mit hundert Betten. Nötig wären über tausend.

Angst vor Ansteckung

Wer wie Andrew Mambu – in der MSF-Station gut geschützt – mit Ebola-Patienten arbeitet, muss zu Hause mit Prob­lemen rechnen. Freunde wollten aus Angst vor einer Ansteckung nichts mehr mit ihm zu tun haben, sagt Mambu. Einer Kollegin sei die Wohnung gekündigt worden, zwei andere hätten ihre Arbeit aufgegeben, nachdem sie zu Hause geschnitten worden seien. Auch Mambu fällt es schwer, mit der Familie über den Job zu reden: Seine 7-jährige Tochter frage ihn stets, ob er bald sterben müsse.

Für einmal sei ihr grösstes Problem nicht, Gelder lockerzumachen, sagt MSF-Sprecherin Caitlin Ryan: «Am meisten fehlt uns ausgebildetes Personal.» Deswegen habe sich die pazifistische Hilfsorganisation durchgerungen, den Einsatz von Spezialeinheiten ausländischer Militärs zu fordern. Auch wenn nun die US-Regierung die ersten von 3000 US-Soldaten nach Liberia entsandt hat, wird sich die Lage nicht entspannen: Die Zahl der Infizierten verdoppelt sich hier alle drei Wochen, während Organisationen wie die WHO Schwierigkeiten haben, ausländische Spezialisten ins Seuchengebiet zu locken.

Auch für MSF nehmen die Probleme nicht ab: Jens Pederson, der schon seit vier Wochen in Monrovia schuftet, muss jetzt einmal Pause machen. «Und ob ich danach wiederkomme», sagt der erschöpfte Däne offen, «das weiss ich noch nicht.»

(Tages-Anzeiger)

Erstellt: 18.09.2014, 07:17 Uhr


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