Die Psychologie des Teilens: Vom Ich zum Wir zur Kundenbindung

Die Bereitschaft zum Teilen ist groß. Rund die Hälfte der Deutschen teilt Alltägliches mit anderen – von Autos, Kleidung, Lebensmittel bis hin zu Erfahrungen mit Produkten, Marken oder Services – im realen Leben als auch in der digitalen Welt: Zum Beispiel hat sich Facebook mit derzeit mehr als einer Milliarde aktiven Nutzern nicht nur zum größten, sondern auch zum einflussreichsten sozialen Netzwerk weltweit etabliert. Seitdem Nutzer Unternehmensseiten nicht mehr nur liken, sondern auch bewerten können, rückt Facebook auch für Empfehlungsmarketing und Kundenzufriedenheitsanalysen zunehmend in den Fokus. Denn rund 80 Prozent der Verbraucher sind bereit, ihre positiven Erfahrungen mit Produkten, Services und Marken weiterzugeben, um Freunde und Familie bei Kaufentscheidungen zu unterstützen. Damit wird Freundschaftswerbung zu einem wichtigen Hebel in der Customer Journey.

Doch woher kommt die Motivation zum Teilen und wie lässt sich diese geschickt zur Kundenbindung nutzen?

Teilen liegt in der Natur der Sache

Teilen gilt als die ursprünglichste und universellste Form des sozialen Austauschs. Anders als beim Tauschen steht beim Teilen die soziale Beziehung im Vordergrund und nicht der ökonomische Vorteil. Was vor Jahrtausenden in engen Familienverbänden und als gesellschaftliche Vorstufe begann, ist heute aktueller denn je: Geben und Nehmen haben im Zuge des Aufstiegs der Social Media, des kollaborativen Konsums und der Cloud-Services eine neue Bedeutung erhalten. Knapp 70 Prozent der Millennials nutzen heutzutage soziale Netzwerke als Basis ihrer Kaufentscheidung, anstatt sich von direkten Markenversprechen beeinflussen zu lassen. Unternehmen sollten hier besonders das Potential nutzen, qualifiziertes Feedback auf den eigenen Profilen zu sammeln, zu beobachten und aktiv einzusetzen. Um zum Beispiel das eigene Facebook-Profil möglichst lebendig zu halten, sollte die Seite über ausreichend Sichtbarkeit verfügen und für Kommentare und Fotos von Kunden, Freunden oder Fans offen sein. Unter den Seiteneinstellungen können daher Nachrichten von Nutzern und die Kommentarfunktion freigeschaltet werden. Je offener man mit Followern und Interessierten in Kontakt tritt, desto mehr Feedback kann man bekommen, was im Social Web positiv auffällt.

Altruismus

Selbstlosigkeit und Großzügigkeit sind die stärksten Motive unter allen Schlüsselfaktoren, die zu Empfehlungen führen. Ganz frei von Erwartungen geht es primär darum, für andere zu sorgen und ihnen Gutes zu tun. Knapp 75 Prozent der Internetnutzer haben bereits selbst eine Bewertung online abgegeben. Die Hauptmotivation nach einem Kauf liegt in dem Bedürfnis, anderen bei ihrer Kaufentscheidung zu helfen und dem Dienstleister mit dem Feedback Optimierungspotential aufzuzeigen. Mit diesem Altruismus lässt sich die Conversion Rate deutlich steigern: Insbesondere Aktionen mit Rabatten oder Coupons, die online oder beim Besuch im Ladengeschäfte eingelöst werden können, animieren Kunden schnell und einfach zu (Wieder-)Käufen, die sich anschließend erneut in Empfehlungen und positiven Feedback zeigen.

Involvement

Eine hohe Kundenzufriedenheit ist sowohl das A und O für unternehmerischen Erfolg als auch Grundstein für eine erfolgreiche Kundenbindung. Denn nur wer zufrieden ist, wird wiederholt einkaufen und andere davon überzeugen. Wie groß Interesse oder Überzeugung an einer bestimmten Sache ist, lässt sich anhand des Involvements ableiten. Wird ein Produkt oder eine Marke aus Sicht des Kunden als hochgradig relevant angesehen bzw. besteht eine positive Bindung, kann sich dieses hohe Interesse auch über den Austausch von Empfehlungen zeigen: Dies unterstreicht, wie wichtig eine individualisierte Ansprache mit zugeschnittenen, relevanten Inhalten, wie zum Beispiel eine zeitnahe Ansprache nach getätigtem Kauf, im gesamten Customer-Lifecycle ist. Auch sollte der Kunde jederzeit das Gefühl haben, „ernst“ genommen zu werden. Gezielte Meinungsumfragen oder Einladungen zu exklusiven Produkttests geben nicht nur Rückschlüsse auf Optimierungs-Potential, sondern festigen erheblich die Beziehung zwischen Kunde und Marke.

Selbstdarstellung und Meinungsführung

Mehr als zwei Stunden ist jeder Deutsche im Schnitt täglich in Social Media Kanälen aktiv und knapp drei Millionen Deutsche betreiben einen eigenen Blog, der sich für so manchen bereits als Haupteinkommensquelle entwickelt hat. Sind Erfahrungsberichte und Alltagsansichten zumeist das Grundmotiv der digitalen Tagebücher, wird mit dem Teilen und Weiterempfehlen versucht, ein positives Image zu erzeugen. Haben sich diese Empfehler bereits als starke Meinungsführer etabliert, teilen sie in der Regel mehr als andere und werden dadurch wiederum deutlich stärker wahrgenommen. Insbesondere für Brandbuilding und den nachhaltigen Aufbau eines Kundenstamms werden Influencer damit zu einem wichtigen Kanal. Das Wichtigste für gelungene Influencer Relations ist, sich auf Augenhöhe zu begegnen und transparent miteinander zu arbeiten. Diese Vertrauensbasis ist entscheidend, da auch der Influencer mit der Kooperation seine Glaubwürdigkeit innerhalb der Community aufs Spiel setzt. Sind alle zufrieden, kann mit Produkttests, passenden Testimonials, exklusiven Events oder auch Sponsored Posts die eigene Bekanntheit gesteigert werden.

Die Motivation zum Teilen von Erfahrungen und im weiteren Sinne zum aktiven Aussprechen von Empfehlungen ist abhängig von der Zufriedenheit über dieses Produkt als auch von der mehrwert-generierende Incentivierung als ergänzende Komponente. Durch den systematischen Einsatz von Empfehlungsmarketing können bislang ungenutzte Potenziale zur Kundengewinnung kostengünstig genutzt werden. Sich als Unternehmen auf Empfehlungsmarketing zu konzentrieren, muss eine langfristig und gesamtheitlich angelegte Strategie sein, die nicht nur auf den schnellen Anstieg der Conversion Rate ausgelegt ist.

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