Die Psychologie der Masse

Es ist Freitagabend und die Premiere steht an. Regisseurin Susanne Reng und das ganze Theaterteam sind aufgeregt. Es ist weniger das Lampenfieber, eher die Unsicherheit ob das Wetter hält. Dieses hat zuvor verhindert, dass das ganze Stück in einem Durchlauf geprobt werden konnte. Nun muss es bei der Premiere klappen. Und es passt alles.

Sieben dreiseitige Mauerelemente stehen auf den grünen Rasen und bilden die gesamte Kulisse. In 20 Bildern spielen die Laiendarsteller, darunter neben den alten erfahrenen Hasen in diesem Jahr sehr viele neue Gesichter, die bissige Satire "Komödie der Eitelkeiten" von Elias Canetti. Es war keine leichte Unterhaltung, wie der Titel auf den ersten Blick andeutet.

Die Darsteller, die teilweise in mehreren Rollen agierten und die Zuschauer, die die Bänke bis auf den letzten Platz gefüllt haben, waren gefordert und lösten ihre Aufgabe mit Bravour. "Und wir, meine Herrschaften, und wir, und wir, wir haben etwas vor, hier dürfen sie auf ihr eigenes Bild zielen", ruft der Ausrufer Wenzel Wondrak, gleich zu Beginn der Aufführung und weist auf die moralische Selbstzerstörung hin, mit der man im Verlauf der Handlung konfrontiert wird. Was passiert, wenn ein fiktiver Staat gegen Eitelkeit vorgeht, Spiegel und Bilder verbietet ? Diese Verbote werden von neuen Machthabern unter Androhung der Todesstrafe erlassen und durchgesetzt. Zunächst fügen sich alle freudig und eifrig.

Lehrer, Pfarrer, Arbeiter und Selbständige machen den Bildersturm und die Bücherverbrennung mit. Gerade letztere hat Regisseurin Susanne Reng bewusst in der Handlung hervorgehoben. Das Verbot des eigenen Bildes steigert die Gier nach Macht und Selbstdarstellung.

Selbst Familien werden innerlich zerrissen. Zehn Jahre später ringen alle um jede Schmeichelei und buhlen um Komplimente. Denunziantentum, Schleimereien und Schwarzhandel mit geretteten Spiegelscherben greifen um sich. Aus biederen Bürgern werden sogenannte Viertschaftsführer, bösartig und lächerlich persifliert und eindrucksvoll dargestellt zum Beispiel von Helmut Klotzbücher.

Die rund 22 Darsteller in den Hauptrollen und vielen Klein- und Mehrfachrollen überzeugten in jeder Hinsicht und machten die Premiere zu einem Erlebnis und dies trotz nicht leichter Kost. Erfreulich war auch die Zahl der neuen, vor allem jungen Laiendarsteller, ein Fundus, der für die weitere Zukunft des Kulturvereins noch viel verspricht.

Elias Canetti hat dieses Werk 1933/34 unter dem Eindruck der Machtergreifung Hitlers und den damaligen Bücherverbrennungen und den sich abzeichnenden Entwicklungen hin zum totalitären Staat geschrieben.

Info Die nächsten Aufführungstermine sind der 13./14. Juli, 20./21. Juli, 27./28. Juli sowie am 3./4. August, jeweils um 20.30 Uhr beim Eiskeller in Hohenstadt.

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