Die Nato mache dem Land seit vielen Jahren umfassende Kooperationsangebote, allerdings sei daraus nicht so viel geworden wie erhofft. "Die Nato hat das nicht immer richtig angefangen, sie hat vor allen Dingen die russische politische Psychologie nicht so gut verstanden", so Wittmann. In der russischen Sicherheitspolitik sei viel neues Denken erforderlich - und "die NATO sollte das dadurch erleichtern, dass sie selbstkritisch ihren Anteil an der Verantwortung für die Verschlechterung des Verhältnisses akzeptiert", sagte er vor dem NATO-Gipfel am Wochenende in Chicago. Beide müssten das "Nullsummen-Denken" überwinden, bei dem angeblich der eine immer nur auf Kosten des anderen gewinnen könne, forderte er.
Die NATO habe sich seit 1990 stärker gewandelt und an die neuen Verhältnisse angepasst als jede andere Organisation, sagte Wittmann: "Sie ist weiterhin die Klammer zwischen Nordamerika und Europa, Garant unser aller Sicherheit." Deswegen seien Einschätzungen, sie sei nicht mehr zu retten, alarmistisch und dramatisierend. Das Bündnis stehe aber auch vor Problemen, die bewältigt werden müssten. Die Orientierung der USA in Richtung Pazifik bezeichnete der Experte aufgrund des Aufstieg Chinas als "völlig normal", Europa sei weitgehend befriedet. So müssten die Europäer nach der Ausrufung des "pazifischen Jahrhunderts" durch die USA mehr Verantwortung für ihre eigene Sicherheit tragen: "Und da hapert es, ganz besonders angesichts der sinkenden Verteidigungsetats", so Wittmann.
Das vollständige Gespräch mit Klaus Wittmann können Sie bis mindestens 18. Oktober 2012 als MP3-Audio in unserem Audio-On-Demand-Player nachhören.