Die Monroe drosselt den Stromverbrauch


Von fünf auf drei herunterdrehen: So spart man Energie bei der Heizung. tv-Foto: Klaus Kimmling

Trier. Manche mögen's heiß wie Marilyn Monroe. Doch 35 Grad im Zimmer? Das ist zu viel, und die Krankenschwester dreht die Heizung herunter.

Genau so soll ein interdisziplinäres Projekts im Krankenhaus Mutterhaus der Borromäerinnen in Trier bei den Mitarbeitern wirken. Das Ziel ist, die Mitarbeiter dazu zu bringen, Energie zu sparen. Mehr als zwei Millionen Euro gibt das Krankenhaus jährlich für Strom- und Heizkosten aus. Nicht jeder schaltet am Arbeitsplatz das Licht aus, wenn er aus einem Zimmer herausgeht. "Wenn ich zu Hause Energie spare, fließt das Geld direkt in mein Portemonnaie", sagt Friedemann Gerhards, Privatdozent der Psychologie an der Universität Trier.

Psychologen im Einsatz



Dass die Psychologie an solch einem Projekt beteiligt ist, ist neu. "Wie kann ich als Arbeitgeber das Verhalten der Mitarbeiter durch psychologische Tricks verbessern, so dass Energie gespart wird?", erklärt Gerhards die zentrale Frage.

Daran haben auch Studenten der Fachhochschule Trier (Gebäude- und Versorgungstechnik) mit Messungen und Auswertungen der Daten mitgearbeitet.

Peter Leonards, Umweltbeauftragter des Krankenhauses, hat das Projekt initiiert. "Zuerst haben wir reine technische Maßnahmen eingesetzt", sagt Leonards. "Doch ist es wichtig, dass das Verhalten der Mitarbeiter sich ändert." So sind die Psychologen der Uni ins Spiel gekommen.

Zuerst als Energie-Detektive. FH-Studenten haben den Energieverbrauch des Klinikums analysiert. Danach haben die angehenden Psychologinnen Julia Schwind und Eva Kraus die Mitarbeiter eines Teilgebäudes im Krankenhaus beobachtet, um zu sehen, wo es beim Energiesparen hakt. Zu warm geheizte Räume. Offene oder gekippte Fenster trotz angeschalteter Heizung. PC oder Licht an, Mitarbeiter weg. Das sind die häufigsten Angewohnheiten, die zur Energie-Verschwendung führen.

Dann ging es los mit einer Informationskampagne und mit den Tipps. "Die Mitarbeiter wurden auf die Problematik mit Daten und Fakten hingewiesen", erklärt Gerhards, "so dass sie ein Gefühl dafür bekommen haben".

Als Gesichter der Kampagne waren nicht Geringere als James Dean, Jack Nicholson und Marilyn Monroe im Einsatz. Mit verfremdeten Filmplakaten wurden die Flure des Gebäudes geschmückt. Darauf waren Sprüche wie "Licht aus" oder "Kipplüften - denn sie wissen nicht, was sie tun" zu lesen.

"Der Mitarbeiter stutzt zuerst bei diesen Plakaten, aber das Bild prägt sich ein", erklärt Gerhards. So denke man über das Thema nach. Zudem konnten sich Mitarbeiter zum Energiesparen selbstverpflichten. Sechs Prozent Strom und elf Prozent Heizenergie wurden in den vier Wochen der ersten Phase gespart.

Ähnlich ging es in die zweite Phase des Projektes. Als Blickfang und Informationsquelle dienten diesmal im gesamten Klinikum berühmte Ärzte aus Fernsehserien und das Maskottchen Mr. Brighty - eine Sparlampe, die alles über Energie weiß. Um die Mitarbeiter noch mehr anzuspornen, gab es Belohnungen. "Ein Teil der Einsparung ging an ein Krankenhaus in Tansania", sagt Leonards. "Ein weiterer Teil wurde den Mitarbeitern als Sachleistungen ausgezahlt." "Eine Art Zuckerbrot und Peitsche" fügt Gerhards hinzu. Damit deutet er die dritte und abschließende Phase des Projektes an. Da ging es eher darum, falsche Verhaltensweisen aufzuzeigen.

"Wir haben nach Messungen eine Verbrauchs-Grenzlinie für ein Verwaltungsgebäude des Geländes ermittelt, über die man nicht gehen sollte, wenn man sich vernünftig verhält", erzählt Leonards. Für jeden Fehler fanden die Mitarbeiter Ermahnungen auf Post-its an ihren Plätzen.

PC noch an, Fenster offen: Solche Nachrichten begrüßten die Mitarbeiter, wenn sie sich falsch benommen hatten. "Das war die wirkungsvollste Phase: Die Grenzlinie wurde um 29 Prozent unterschritten", sagt Gerhards.

Wegen dieser Ergebnisse ist nun das Projekt für den Dekra Award in der Kategorie Umwelt nominiert. Heute Abend ist die Preisverleihung in Stuttgart. "Wir sind sehr stolz darauf", freut sich Leonards. "Es gibt ja kein Geld zu gewinnen, dafür Ruhm und Ehre". Die Idee könne jedes Unternehmen umsetzen. Leonards hat das Projekt schon bei mehreren Kongressen vorgestellt. Es gebe nämlich sehr wenige Forschungen über die Wirkung von psychologischen Mitteln, wenn man den Stromverbrauch in einem Betrieb senken will. "Ohne psychologische Unterstützung geht es aber nicht."

Trotz aller Beobachtungen haben die Mitarbeiter nicht gemeckert. Erst seien viele aufgeregt gewesen. Doch dann seien sie immer interessierter geworden, viele wollten ihre eigenen Daten zum Stromverbrauch haben. "Nun wäre es interessant zu sehen, wie der Verbrauch sich in den nächsten Jahren entwickelt", sagt Leonards.

Extra

Mit circa 1700 Mitarbeitern ist das Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen einer der größten Arbeitgeber der Region. Sein Umsatz beträgt rund 100 Millionen Euro im Jahr. In dem Schwerpunkt-Krankenhaus gibt es 667 Betten - jährlich finden 26 000 Patiententen im stationären Bereich Platz. 76 000 Menschen werden pro Jahr im ambulanten Bereich versorgt. In der Einrichtung gibt es 16 Fachbereiche und neun Kompetenzzentren, wie das Perinatalzentrum oder das Diabeteszentrum. bc

 



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