Die Erotik des Wochenmarkts

Eine Gruppe von Studierenden will dem Trierer Wochenmarkt eine neue Zielgruppe erschließen: Mit der Kampagne “Sexy Wochenmarkt” möchten sie vor allem junge Menschen dazu animieren, ihr Essen künftig verstärkt bei den lokalen Erzeugern zu kaufen. Mit dem ironischen Titel ihrer Aktion wollen die angehenden Psychologen spaß- und erlebnisorientiert für regionale Produkte begeistern – auch wenn hinter der Initiative ein durchaus ernst gemeintes Anliegen steht. Am Freitag richten die Fünf am Rande des Geschehens – das dann mal wieder ausnahmsweise auf dem Augustinerhof stattfindet – das 1. “Trierer Marktfest” aus.

TRIER. Wenn die fünf Studierenden über den Viehmarkt flanieren, senken sie den Altersdurchschnitt merklich. Es sind eher die älteren Jahrgänge, die dienstags und freitags den Wochenmarkt prägen: Großeltern mit ihren Enkeln, Berufstätige auf Fahrrädern. Junge Menschen sieht man dagegen eher selten an den Marktständen einkaufen, allenfalls ein paar junge Mütter mit Kindern trifft man an.

In den Augen der Psychologie-Studenten ist das ein Missstand, den es zu ändern gilt. Gefunden haben sie sich über das Projekt “Deine Ideen bewegen die Zukunft”, eine Initiative, die junge Menschen aus der Region Trier dazu aufruft, Ideen für eine nachhaltige Zukunft zu sammeln. Bei einem Brainstorming stellten sie fest, dass sie eine Liebe für den Trierer Wochenmarkt teilen: “Uns gefällt das persönliche Umfeld, der Plauderton der Marktverkäufer vor allem aber die praktikable Nachhaltigkeit”, erklärt Ansgar Depping.

Denn viele Konzepte zur Nachhaltigkeit seien aufwändig, zahlreiche Ansätze oft hochkomplex. Mit dem wöchentlichen Einkauf auf dem Markt könne man hingegen einen Beitrag leisten, der wenig Aufwand bedeute und zudem auch noch Spaß mache. Denn während die Äpfel im Einzelhandel mitunter aus Peru herbeigeschafft würden, lägen hinter der Wochenmarktware im besten Fall nur wenige Kilometer Anfahrtsweg – “Obst und Gemüse sind hier nicht nur frischer, sondern auch umweltschonender”, argumentieren die Initiatoren des Projekts. Dass die begeisterten Marktgänger so selten Kommilitonen an den Ständen treffen, hat ihnen zu denken gegeben. “Viele Studis denken, dass das Einkaufen hier teurer sei als im Supermarkt, aber in den meisten Fällen ist das überhaupt nicht der Fall”, erklärt Kathrin Lewis und ergänzt: “Oft ist hier sogar billiger”.

Um ihre Kommilitonen von den Vorzügen dieser Art des Einkaufens zu überzeugen, gehen die Studierenden nun in die Offensive: Am Freitag veranstalten sie das erste “Trierer Marktfest”, bei dem der Einkauf mit einem Picknick und Musik umrahmt wird. Um den potentiellen Einkäufern die finanziellen Bedenken zu nehmen, hat die Gruppe zum Marktfest eine Liste mit Probierangeboten für den studentischen Geldbeutel zusammengestellt: An vielen Ständen gibt es für 4 Euro besondere Pakete, von Käsetüten bis Gemüsepaketen, andere bieten einen speziellen Studentenrabatt an.

“Mit den Marktleuten in Kontakt zu kommen, war nicht schwierig, die Resonanz auf unseren Plan war umwerfend”, erzählt Jan Eickhoff. Auch die Eurener Bäuerin Hedwig Adami, die mit ihren Töchtern zweimal pro Woche am Gemüsestand steht, freut sich auf das Marktfest. “Ich finde es ganz toll, dass die jungen Menschen sich so für unseren Markt engagieren”, sagt sie, auch wenn sie nicht ganz zufrieden mit dem Termin ist: “Am Augustinerhof ist es so beengt und nicht so schön wie hier”, beklagt sie, “und außerdem wissen die Neulinge dann vielleicht nicht, dass wir ja eigentlich auf dem Viehmarkt stattfinden.” Alles in allem ist sie aber begeistert von der Idee der Studenten, mehr junge Leute für den Wochenmarkt zu mobilisieren.

Um die Zielgruppe zu erreichen, haben die Studenten sich die Trierer Designerin Felicitas Doll ins Boot geholt, die ihnen militant-ironische Plakate gestaltet hat. In der gleichen Sphäre bewegt sich auch der Slogan, unter den die Studenten ihr Konzept gestellt haben: “Der Titel ‘Sexy Wochenmarkt’ ist mit einem Augenzwinkern zu sehen.Wir wollen weg von diesem ernsten, verkopften Zugang zu Nachhaltigkeit und dem drögen Image des Wochenmarkts”, erklärt Ansgar Depping. “Und außerdem wollten wir natürlich viele Clicks für unsere Facebook-Gruppe haben. Das funktioniert mit dem Wort Sex im Titel natürlich gleich besser”, ergänzt sein Mitstreiter Jan Eickhoff lachend.

Einigkeit herrscht unter den Marktenthusiasten, dass sie sich weit weg von den ökologischen Moralaposteln verorten: “Wir wollen niemanden belehren”, betont Depping, “wir wollen einfach zeigen: Leute, hier gibt’s einen tollen Wochenmarkt, das ist ne gute Sache, geht doch auch mal hin.”

von Kathrin Schug

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