Wien. "Warum habe ich das alles nur gekauft?": Diese Frage haben Sie sich sicher schon einmal gestellt. Sie kommen vom Einkaufen zurück, begutachten kritisch Anzahl und Ausmaß Ihrer prall gefüllten Säcke und fragen sich, was Sie zu solchen Mengen bewogen hat. Vielleicht wollten Sie gar nicht so viel Geld ausgeben, oder Sie brauchen das alles gar nicht.
"Aus einer bestimmten Perspektive sollte ein Käufer seinen Vorteil so groß machen wie möglich bei einem Kauf, also maximale Rationalität walten lassen, was er überhaupt kaufen will, welche Leistungen ihm wichtig sind und wie viel Geld er dafür ausgeben will", schreibt Lioba Werth, Professorin für Wirtschaftspsychologie der Technischen Universität Chemnitz, in ihrem Essay "Die Psychologie der Kaufentscheidung". Oftmals sei die Rationalität allerdings ebenso wenig maßgeblich wie bei Entscheidungen im Allgemeinen. Nutzungsmaximierung sei weniger die Regel als die Idealvorstellung: "Da ein Produkt auch einen subjektiven Wert für den Käufer hat, unterminieren psychologische Faktoren die ökonomischen Faktoren", so Werth.
Belohnung spielt die Selbstkontrolle aus
Warum - und vor allem wie - entscheiden wir uns für bestimmte Produkte? Was dabei im Gehirn abläuft, weiß Arnd Florack, der am Montagabend seine Antrittsvorlesung am Institut für Wirtschaftspsychologie, Bildungspsychologie und Evaluation der Universität Wien zum Thema Konsumentenverhalten hielt. Wenn wir ein Produkt sehen, wird demnach im Gehirn die Belohnungserwartung angeregt. Gleichzeitig wird - allerdings nicht bei allen Menschen - die Selbstkontrolle aktiviert. "Menschen, die diese Selbstregulation nie gelernt und somit nie automatisiert haben, müssen viel Energie aufwenden, um sich beim Einkauf bewusst zu kontrollieren", erklärt Florack.
Grob gesprochen könne man in zwei Käufer-Typen unterscheiden: Die einen kaufen sehr geplant das ein, was sie benötigen, sie betreten ein Geschäft mit einer Liste in der Hand. Die anderen kaufen, weil Einkaufen für sie ein Erlebnis ist und ihnen der Prozess des Einkaufens Spaß macht. Auch mit den eingangs beschriebenen Gewissensbissen, die einen das eigene Erwerbsverhalten kritisch beäugen lassen, kann unterschiedlich umgegangen werden. Florack zufolge finden sich unter jenen, die nach Weihnachten ihre Geschenke umtauschen, zum Großteil "Maximierer": Sie wollen den den größtmöglichen Nutzen von Produkten erzielen und stets das Bestmögliche haben. Treten Gewissensbisse nach dem Kauf auf, die Florack "Nach-Entscheidungsdissonanzen" nennt, versuchen Maximierer stets, das Produkt zu verbessern - und finden selten das, womit sie wirklich zufrieden sind. Dem gegenüber stehen die "Minimierer" - zumeist Erlebnis-Käufer -, die mit Standard-Produkten zufrieden sind (und auch mit dem, was sie geschenkt bekommen). Sie haken ab, was sie haben, und beschäftigen sich nicht mehr damit. Bei einer Nach-Entscheidungsdissonanz suchen sie nach Faktoren, die für das Produkt sprechen und ihre Entscheidung bestätigen.