Der bekannte Psychoanalytiker Arno Gruen stirbt mit 92 Jahren in Zürich

Der Psychoanalytiker und Autor Arno Gruen ist am Dienstag, den 20. Oktober 2015 im Alter von 92 Jahren in Zürich verstorben. Dies teilte der Klett-Cotta Verlag in Stuttgart mit. «Kein Psychoanalytiker hat seine tiefenpsychologischen Untersuchungen so unbeirrbar mit einer grundsätzlichen Zivilisationskritik verbunden wie Arno Gruen», wie es in der Mitteilung heisst.

Gruen wurde 1923 als Sohn jüdischer Eltern in Berlin geboren und emigrierte 1936 mit seiner Familie in die USA. Er studierte Psychologie und leitete ab 1954 die psychologische Abteilung der ersten therapeutischen Kinderklinik in Harlem. Es folgten Professuren in Neurologie und Psychologie. 1979 zog er nach Zürich und unterhielt eine psychotherapeutische Privatpraxis. Auch begann er mit dem Schreiben vieler Bücher.

«Ich dachte, wir sind alle Menschen»

Sein erstes Werk mit dem Titel «Der Verrat am Selbst» erschien 1984. Darin beschäftigt er sich mit dem Begriff der Autonomie, der nicht Stärke und Überlegenheit meint, sondern die volle Übereinstimmung des Menschen mit seinen eigenen Gefühlen und Bedürfnissen. Weitere Publikationen sind «Der Fremde in uns», für den er den Geschwister-Scholl-Preis erhielt, oder «Der Verlust des Mitgefühls». Wie der Verlag weiter mitteilte, schrieb Gruen bis vor wenigen Wochen noch an seinem neuen Buch «Wider die kalte Vernunft».

Gruen war auch ein gerngesehener Gast in diversen TV-Sendungen. In einer Sternstunde Philosophie auf SRF erzählte er einst, wie er als junger Schüler in New York realisierte, dass er ein Jude war, weil er vom Religionsunterricht suspendiert wurde. Sein Vater erklärte ihm daraufhin, dass die Menschen zwischen Juden, Christen und Atheisten, aber auch zwischen Nationalitäten, oft unterscheiden. Gruen soll erstaunt geantwortet haben: «Ich dachte, wir sind alle Menschen.»

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