Denken: Lernfähig im Alter bleiben

Im Alter lassen Merk- und Lernfähigkeit nach. Aber das heißt nicht, schlechtere Entscheidungen zu treffen.

In soeben veröffentlichten Experimenten sollten ältere und jüngere Teilnehmer an einem Computer im psychologischen Labor oder zu Hause auf einem Tablet-PC zwischen verschiedenen Lotterien wählen. Durch Anklicken von Boxen konnten sie sich zunächst Informationen über zwei verschiedene Lotterien verschaffen, dann mussten sie sich entscheiden, bei welcher Möglichkeit sie den höheren Gewinn erwarteten. Jüngere und ältere Versuchsteilnehmer betrieben den gleichen Aufwand zur Informationssuche, und beide waren gleich erfolgreich darin, die Option mit dem größeren Vorteil auszusuchen (Cognition, 2015, 142, 60-80; doi:10.1016/j.cognition.2015.05.004).

Kognitive Funktionen werden langsamer

Diese Studie von Psychologen der Universität Basel und des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin kommt für mich gerade richtig. Als Trost zu meinem 65. Geburtstag unlängst. In meiner Familie ist es ja nicht anders als anderswo: Die Söhne überflügeln den Vater in ihren körperlichen Fähigkeiten, eine Zeitlang versuche ich mit ihnen noch beim Dauerlauf, Badminton oder Schwimmen mitzuhalten, und dann muss ich eingestehen, was Forschung und Lebenserfahrung mir sagen: Nach dem 30. Lebensjahr nimmt der mögliche Sauerstoffverbrauch pro Kilogramm und Minute einfach ab, die Muskulatur schrumpft. Und die kognitiven Funktionen werden langsamer, aber abhängig davon, wie man sie nutzt (M. Peters, Die gewonnenen Jahre. Von der Aneignung des Alters, Vandenhoeck Ruprecht 2008).

Use it or lose it, heißt das heute. Früher sagte man: Wer rastet, der rostet. Das gilt für die Muskeln wie für das Denken. Denn eines haben wir den jungen Menschen voraus: Wir haben viel nachgedacht und erlebt. Erfahrung lässt uns oft intuitiv wissen, was zu tun ist. Als Psychotherapeut hat man daher im Alter Jüngeren beruflich auch etwas voraus.

Körperliche und geistige Bewegung

Die Flüssigkeit des Denkens aber nimmt ab, schreiben die Psychologen in der genannten Studie, das heißt, dass wir langsamer darin werden, uns schnell auf Neues einzustellen. Und daher waren Alt und Jung in den Experimenten nur gleich gut, wenn zwei Optionen zur Auswahl standen. Galt es zwischen vier oder acht Lotterien zu wählen, waren die älteren Menschen schlechter, weil der Aufwand bei der Informationssuche größer wurde.

Falls Sie meine Kolumne Ich Es gerne lesen, sage ich Ihnen aber: Ich werde versuchen, mich mit körperlicher und geistiger Bewegung so zu halten, dass ich sie noch länger schreiben kann.

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