Das Schulkind will schon mitplanen

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22. April 2014

BZ-INTERVIEW mit dem Schweizer Psychologen Jürg Frick, der sich dagegen ausspricht, Kinder zu sehr zu verwöhnen.


  1. Schweizer Psychologe Jürg Frick Foto: privat

Jürg Frick (57) hat sowohl Psychologie als auch Pädagogik studiert. Seit 2002 ist er Dozent und Berater an der Pädagogischen Hochschule Zürich. Seit langem beschäftigt ihn, wie Eltern ihre Kinder verwöhnen. Das Zuviel, so seine These, wird bei dem verwöhnten Kind schnell zu einem Zuwenig. Stephanie Streif hat sich mit ihm unterhalten.

BZ: Herr Frick, Kindergeburtstage werden heute nicht einfach nur gefeiert, sondern groß inszeniert. Mit viel Cremetorte, noch mehr Entertainment oder einem unvergesslichen Erlebnistag in einem Freizeitpark. Gut oder nicht gut fürs Kind?
Frick: Eher ungünstig. Ein Kind, das an jedem Geburtstag mit so viel Tamtam gefeiert wird, denkt irgendwann, das sei normal. Ist es aber nicht. Früher oder später kommen alle Kinder in der Realität an. Manche vielleicht erst, wenn sie erwachsen geworden sind und merken, hoppla, mein Partner feiert mich an meinem Geburtstag gar nicht groß. Liebt er mich etwa nicht? Menschen, die gewohnt sind, ständig im Mittelpunkt zu stehen, fühlen sich schnell ungerecht behandelt, missverstanden oder ungeliebt. Sie brauchen für ihren Selbstwert jede Menge Aufmerksamkeit.

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BZ: Ich wäre als Kind wahnsinnig glücklich gewesen, wenn meine Eltern wenigstens einen meiner Geburtstage in einen Freizeitpark verlegt hätten. Wäre mal eine echte Alternative zu Wurstschnappen und Sackhüpfen gewesen.
Frick: Groß Party machen, entspricht trotzdem nicht der Bedürfnisstruktur eines Kindes. Auch wenn Ihnen das damals gefallen hätte. Einem Kita-Kind reicht es, wenn Mama und Papa mitfeiern, einem Schulkind sehr wahrscheinlich nicht mehr. Das will aber möglicherweise in die Planung seiner Feier einbezogen werden und mitgestalten dürfen. Kindern einfach ein vorgefertigtes Programm überzustülpen und sie auch noch von Anfang bis Ende bespaßen zu lassen, halte ich nicht für sinnvoll. Das lässt sie passiv werden. Auf einem Kindergeburtstag sollte auch einfach nur mal getobt werden dürfen. Und das am besten, ohne dass Erwachsene daneben stehen und Vorgaben machen.
BZ: Warum also wird trotzdem immer pompöser Kindergeburtstag gefeiert?
Frick: Die meisten Eltern, die für ihr Kind so ein rauschendes Fest ausrichten, haben nur die besten Absichten. Sie wollen ihr Kind glücklich machen. Und ist das Kind glücklich, sind sie es auch. Immer mehr Mütter und Väter brauchen heute das Gefühl, sehr gute Eltern zu sein. Sie sind verunsichert: Was ist gut, was schlecht, was richtig, was falsch? Und ohne es zu wollen, geraten viele Eltern in eine Spirale des Vergleichens, schauen, wie es die anderen machen und natürlich wollen auch sie genauso generös, genauso modern wie alle Eltern in der Kita sein. Und schon ist aus dem Kindergeburtstag eine aufwändig organisierte Mottoparty mit Zauber-Show und Rundum-Betreuung geworden. Was gut gemeint ist, kann für die Kinder häufig auch das Gegenteil bewirken und sie unzufrieden, weil übersättigt und passiv, machen. So wird aus dem Zuviel schnell ein Zuwenig.
BZ: Und was raten Sie Eltern?
Frick: Gelassen bleiben und sich ruhig auch mal getrauen, Dinge anders zu machen als andere Eltern. Wir passen uns häufig zu schnell anstatt einfach zu machen, wie wir denken. Und ich kann mir gut vorstellen, dass es einige Eltern gibt, die regelrecht erleichtert sein werden, wenn es endlich mal jemand wagt, gegen den Trend pompöser Kinderpartys anzufeiern. Und ganz ehrlich: Das Allerwichtigste für ein Kind sind ohnehin die Beziehungserfahrungen, die es unterm Jahr sammelt. Und nicht die Superveranstaltung, die nach drei, vier Stunden wieder vorbei ist.

Autor: st

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