Daimler fährt mit der Uni

"Das schwierigste war, eine griffige Abkürzung zu finden", sagt Prof. Klaus Dietmayer halb im Spaß, halb im Ernst. Wohl wahr: Der vollständige Name des neuen gemeinsamen Instituts von Uni und Daimler-Konzern auf dem Oberen Eselsberg ist sperrig. "Daimler Research Institute for Vehicle Environment Perception at Ulm University" - das kann sich natürlich keiner merken. "DriveU" klingt da schon besser. Wobei "Drive" für "fahren" und "U" für "you" steht, was auf Deutsch übersetzt den Slogan "Wir fahren dich" ergibt. Andererseits steht "U" für "Ulm" beziehungsweise "Uni Ulm". Womit alles gesagt ist.

Ziel sei es, die Anzahl der Straßenverkehrsopfer - allein in Deutschland starben 2011 knapp 4000 Verkehrsteilnehmer, 300 000 wurden verletzt - zu reduzieren, sagt Dietmayer, Direktor des Uni-Instituts für Mess-, Regel- und Mikrotechnik und in Personalunion Leiter von "DriveU". Die Ursache für Unfälle sei eben fast immer der Mensch. Das Auto der Zukunft müsse daher menschliches Fehlverhalten kompensieren. "Es muss sehen, verstehen und reagieren können."

Konkret heißt das, dass die Wissenschaftler an vorausschauenden Systemen forschen. Im Auto installierte Kameras, Infrarot-, Radar-, Laser- oder Ultraschallsensoren sollen optimal erfassen, was ums Fahrzeug herum passiert. Damit aber nicht genug. Binnen Bruchteilen von Sekunden muss das kluge Auto der Zukunft die Situation auch richtig bewerten und automatisch reagieren können: lenken, abbremsen, be- oder entschleunigen.

Die Forscher vom Eselsberg betreten freilich kein Neuland. Seit über 20 Jahren arbeitet man an der Fakultät für Ingenieurwissenschaften und Informatik an Radarantennen oder Nachtsichtgeräten, auch mit der Autoindustrie. Mit der Institutsgründung gehe man aber einen Schritt weiter, sagt Dr. Stephan Wolfsried, Vizechef Fahrzeugfunktionen der Daimler AG. "Im langen Zeithorizont und der Vertrautheit mit unseren Partnern sehen wir einen wichtigen Erfolgsfaktor. Das ist ein Unterschied zu einem schlichten Projektauftrag."

Wolfsried erinnerte daran, dass viele Innovationen im Bereich Fahrzeugsicherheit Ulmer Kinder seien. Das Anti-Blockier-System (ABS) etwa, der Bremsassistent und sensorikbasierte Fahrerassistenzsysteme. "Vielleicht ist das Bedürfnis nach Fahrsicherheit im Nebelloch Ulm besonders ausgeprägt", sagte Wolfsried auf der Gründungsfeier.

"DriveU" ist eine räumlich ans Institut für Messtechnik angegliederte Einrichtung der Uni. Im wissenschaftlichen Beirat sind Uni und Daimler gleichberechtigt vertreten. Zwölf Doktoranden und zwei Teamleiter arbeiten im Institut. Daimler stellt die Versuchsfahrzeuge, erteilt und finanziert die Forschungsaufträge. Allerdings will man sich auch an Förderprojekten von Forschungsministerium oder EU beteiligen. Das Ziel ist ehrgeizig: "Wir wollen eine international führende Forschungseinrichtung auf dem Gebiet der Fahrerassistenzsysteme werden", sagt Dietmayer.

Uni-Präsident Karl Joachim Ebeling könnte sich vorstellen, dass künftig auch Psychologen bei "DriveU" mitarbeiten. Schließlich habe auch Apple-Gründer Steve Jobs viele Psychologen im Entwicklerteam gehabt. Da in der Fakultät für Informatik der Studiengang Psychologie angeboten werde, ergäben sich womöglich Synergieeffekte.

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