Computerspiele verändert das Verhalten der Spieler

Wer sich bei Computerspielen in digitale Figuren (Avatare) versetzt, der ändert auch im realen Leben sein Verhalten. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie der Universität Witten/Herdecke. Professor Ulrich Weger, Lehrstuhl für Grundlagen der Psychologie, fand heraus, dass „Gamer“ sogar weniger Schmerz empfinden.

39 Personen im Test



„Ich habe mich gewundert, dass Leute freiwillig in das Kostüm eines virtuellen, roboterhaften Charakters schlüpfen“, sagt Weger. „Sie identifizieren sich damit und machen sich ihre Eigenschaften zu eigen.“ Emotionale Kälte und rigides Verhalten – das seien die Charakteristika der meisten roboterhaften Avatare in den Rollenspielen. „Generell ist es so, dass man das Verhaltensmuster aus der virtuellen Welt einübt.“ Zwei Studien, die der Wittener Psychologie-Professor gemeinsam mit einem Kollegen der Michigan University abhielt, sollen das belegen.

39 Personen, die selbst angaben, viel Zeit mit Videosielen zu verbringen, sollten mit bloßer Hand Heftklammern aus einem Eimer mit eisigem Wasser fischen. Je mehr Klammern sie fischten, desto weniger Schmerz empfanden sie. In der zweiten Studie testeten die Wissenschaftler die Empathie von 49 Personen. Ein Teil von ihnen spielte ein Rollenspiel, der andere Teil als Kontrollgruppe ein Puzzlespiel – ohne Avatar. Die Frage: Wie viel Mitleid und Schmerz empfinden Menschen nach einem Videospiel, wenn sie Bilder betrachten, auf denen andere Menschen Schmerzen haben, auf denen Unfälle und Wunden zu sehen sind?

Großer Effekt besonders bei Kindern

Ulrich Weger ist Professor für Psychologie an der Uni Witten/Herdecke. Er forscht nicht zum Einfluss virtueller Spiele auf reales Erleben, sondern auch zu Aufmerksamkeitsprozessen.

Der 36-Jährige hat in Münster und Aachen studiert und ist seit Herbst 2012 an der Universität Witten/Herdecke. Videospiele spielt er persönlich übrigens nicht.

„Videospieler sind schmerzresistenter und empfinden auch Schmerzen anderer weniger“, fasst Prof. Ulrich Weger das Ergebnis zusammen. Je länger und öfter man Videospiele spiele, desto intensiver übe man die Charakteristika seines Roboter-Avatars ein. Besonders bei Kindern, die sich Dinge schneller aneignen, sei dieser Effekt groß, sagt Weger. Erwachsenen Spielern rät der Psychologe: „Man sollte sich selber beobachten, wie Spiele auf einen wirken. So kann man ein Gefühl dafür bekommen, was das mit einem macht.“

Auch Hilfsbereitschaft wird kopiert

Was aber passiert, wenn man sich nicht in einen Roboter hineinversetzt, sondern in ein menschliches Wesen? Oder bei Kinderspielen in niedliche Tiere? „Es gibt andere Studien, wo es beispielsweise auf Hilfsbereitschaft ankam. Sie haben gezeigt, dass auch das erlernt wird“, weiß Weger. „Aber durch Spiele erlernen wir ein routiniertes Verhalten: das ist keine ,echte’ Hilfsbereitschaft.“

Anna Ernst

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