Cem Eksi hat am Herd die Berufung gefunden

Je näher das Abitur rückte, umso mehr kreisten die Gedanken von Cem Eksi um seine berufliche Zukunft. Seine Eltern, die aus der Türkei stammen, wollten, dass er „etwas Gescheites“ lernt – Arzt oder Anwalt zum Beispiel. Der junge Mann hörte sich im Rahmen von Schulveranstaltungen sogar Schnuppervorlesungen über Psychologie und Architektur an. Doch er erkannte: „Studieren ist einfach nichts für mich. Ich bin dafür zu sehr praxisorientiert.“ Etwas Handwerkliches sollte es sein. Und weil der 20-Jährige schon immer gern für seine Freunde und Familie am Herd gestanden ist, entschied er sich, eine Ausbildung zum Koch zu machen.

Im Bekanntenkreis kam dieser Entschluss gut an. Seine Eltern hatten jedoch Bedenken. „Durch einen Onkel wussten sie, wie es in der Gastronomie zugeht: lange Arbeitszeiten, schlechte Bezahlung, kaum Aufstiegsmöglichkeiten, gesundheitliche Belastung. Das wollten sie nicht für mich“, erzählt Eksi. Doch er hat sich beharrlich den Wünschen und Ängsten von Vater und Mutter entgegengesetzt.

Eltern überzeugt

Rückendeckung erhielt er zudem von Emine Akyüz, die in Pforzheim das Projekt „BASS – Berufliche Ausbildung schafft Soziale Sicherheit“ leitet. Sie sprach mit seinen Eltern und hatte durch den gleichen Kulturkreis schnell den richtigen Draht zu ihnen gefunden, um ihnen die Wünsche und Vorstellungen des Sohnes näherzubringen. Sie half Eksi dabei, seiner Bewerbung den nötigen Feinschliff zu verleihen – denn der junge Mann wollte sein Glück vor allem in der gehobenen Gastronomie wagen. Mit Erfolg: Deutschlandweit verschickte der 20-Jährige 14 Bewerbungen und erhielt zwölf Zusagen.

In drei Sternebetrieben in der Gourmet-Hochburg Baiersbronn im Schwarzwald absolvierte er Praktika und unterschrieb schließlich seinen Lehrvertrag im „Hotel-Restaurant Bareiss“. Dort begann er Mitte Juli seine dreijährige FHG-Ausbildung (siehe Kasten oben), bei der Köche und Restaurantfachleute in der Berufsschule in Bad Überkingen gemeinsam gefördert werden.

„In einer Stunde erfahren wir, was Polyphenole im Tee sind, dann lernen wir Falttechniken für Servietten und das Eindecken der Tische, und in der nächsten Stunde konstruiert man ein Modell für den Einkauf von Computern für das Hotel“, beschreibt Eksi, der mittlerweile in einer Wohnung im Baiersbronner Ortsteil Mitteltal lebt, seinen Stundenplan. Sein Blockunterricht dauert meist von 7.30 bis etwa 16 Uhr, und beim Frühdienst im Hotel-Restaurant – fünf Tage am Stück wird gearbeitet, dann sind zwei Tage frei – ist der 20-Jährige von 4.30 bis 14.30 Uhr auf den Beinen. „Es wird bei uns im Haus sehr darauf geachtet, dass jeder zu seiner Pause kommt“, betont Eksi.

Außerdem werde von allen selbstständiges Arbeiten und Mitdenken verlangt. Dass später andere Arbeitszeiten und verschiedene Schichtdienste auf ihn zukommen, ist dem jungen Mann bewusst. „Ich habe früher schon viel gejobbt – mal auf Festivals, in Bars oder auf Baustellen. Also war mir schon bewusst, worauf ich mich nun mit meiner Berufswahl einlasse.“

Auch privat gern am Herd

Dennoch fehlt ihm manchmal die Zeit mit seinen Freunden. Wenn er frei hat und seine Familie in Pforzheim besucht, schwingt er trotz seiner Arbeit gerne den Kochlöffel. „Da bin ich ganz spontan: Kühlschrank auf, schauen, was da ist und dann irgendwas zaubern“, beschreibt der 20-Jährige seine Taktik. Besonders seine Roquefort-Creme ist zum Dippen in seinem Bekanntenkreis beliebt, aber auch Kräuter und Nüsse mischt er gerne in seine kulinarischen Kreationen. Ansonsten gibt es für den jungen Mann keine Zutat, mit der er nicht gerne arbeitet. „Wenn man gute Produkte zur Verfügung hat, dann kann man alles damit machen. Und die hohe Kunst besteht darin, auch aus etwas Unbeliebtem etwas zu kreieren, das gut ankommt“, meint er.

Am liebsten arbeitet Eksi an Soßen. „Da tüftle ich gerne ein bisschen, weil man viele Möglichkeiten hat, zu variieren“, sagt der Koch-Azubi. Auch türkische Komponenten lässt er bei seinen Versuchen gerne mit einfließen, „denn es ist wichtig, nie zu vergessen, woher man kommt“, sagt Eksi.

Job auf einem Schiff vorstellbar

Und wohin der Weg für ihn gehen wird, weiß er auch schon: „Nach der Ausbildung kommen die Wanderjahre. Deutschlandweit werde ich mich dann von Restaurant zu Restaurant bewerben.“ Er könne sich auch vorstellen, auf einem Schiff zu arbeiten – vielleicht auf der MS Deutschland.

Auch von der Zeit danach wagt er schon zu träumen: Direkt angegliedert an seinen Ausbildungsbetrieb ist das Feinschmeckerrestaurant „Bareiss“, das unter seinem Küchenchef Claus-Peter Lumpp seit 2007 drei Michelinsterne führen darf. Da ist der 20-Jährige ehrgeizig: „Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass ich auch einmal in den Gourmetbereich wechsle.“ Schließlich sieht er das Koch-Dasein für sich nicht nur als Job, sondern hat darin seine Berufung entdeckt. Daniela Kneis

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