Brief aus Brüssel

In den Jahren der Eurokrise hat man immer wieder beobachten können, welche Rolle die Psychologie auch beim Geld spielt. Im großen Stil, wenn etwa EZB-Chef Mario Draghi mit Blankoscheck-Ankündigung die Märkte beruhigt: „Wir werden tun, was wir tun müssen, um den Euro zu retten. Und glauben Sie mir, es wird reichen.“

An der Grenze zur Satire bewegt sich die Eurozone, wenn Griechenland seine Geschäftsbücher noch immer nach derselben Methode denselben Kontrolleuren vorlegen muss, aber wochenlang darum ringt, dass diese nicht mehr „Troika“, sondern „die Institutionen“ heißen. Das bringt Griechenland zwar keinen Euro, rettet aber ein Wahlversprechen, nämlich dass die Regierung nicht mehr mit der „Troika“ zusammenarbeiten würde. Als Realsatire erscheint auch der Streit zweier EU-Nachbarstaaten darüber, was der eine von ihnen auf der Rückseite einer neuen 2-Euro-Münze zeigen darf.

Belgien wollte anlässlich des 200. Jahrestages der Schlacht von Waterloo (das Schlachtfeld liegt nur eine kurze Autofahrt außerhalb Brüssels) eine 2-Euro-Gedenkmünze in Umlauf bringen. Darauf sollte, so der Plan, der „Löwenhügel“ zu sehen sein. Das ist ein großes Denkmal. Es markiert zumindest mutmaßlich jene Stelle des Schlachtfeldes, an der der Prinz von Oranien im Kampf gegen Napoleon verwundet worden ist.

180.000 Stück der „2er“ sollen, das sagen zumindest die belgischen Behörden, schon geprägt worden sein, als unlängst die französische Regierung ihren Unmut über das Projekt kundtat. Die Kurzfassung: Frankreich will nicht an des Kaisers letzte Schlacht vor zwei Jahrhunderten erinnert werden – und überhaupt: Schickt sich das, auf der gemeinsamen Währung der historischen Niederlage eines Landes zu gedenken? Eben.

Die belgische Regierung hat das Design der Gedenkmünze zurückgezogen. Denn eine (dem Vernehmen nach eher aussichtslose) Kampfabstimmung darüber unter allen Euro-Staaten war die Sache dann wohl doch nicht wert. Stattdessen soll es eine andere 2er-Sonderserie geben. Und das Waterloo-Löwenhügel-Design? Es soll auf reine Sammlermünzen geprägt werden, mit denen nicht bezahlt werden kann.

Wer selbst schon einmal in Waterloo war, wird sich über den Wirbel und seine „salomonische“ Lösung womöglich wundern. Denn am Fuße des Löwenhügels steht ein Automat. Wer möchte, kann von diesem eine Gedenkmünze prägen lassen. Aber doppelt hält bekanntlich besser.


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