Bewusster wahrnehmen

Der russische Schriftsteller Maxim Gorki sagte einmal: “Die Wissenschaft ist der Verstand der Welt, die Kunst ihre Seele.” Zwei Psychologie-Studentinnen der Universität Trier haben es sich zur Aufgabe gemacht, diese Bereiche miteinander zu verknüpfen. Auf dem “Festival der Kunst und Wissenschaft“ am 12. Mai beschäftigen sich nationale und internationale Kunstschaffende und Wissenschaftler mit dem Thema “Wahrnehmung”. Davor, danach und währenddessen gibt es ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm.

TRIER. “Heutzutage ist alles sehr schnelllebig, da nimmt man Vieles nicht mehr wahr”, begründet die 26-jährige Miriam Maibücher die Themenwahl. Zusammen mit Initiatorin Monika Dorniak (25) und zahlreichen freiwilligen Helfern hat sie mit Hochdruck an dem außergewöhnlichen Projekt gearbeitet. An mehreren Tagen wird den Besuchern durch Vorträge, Konzerte, Performances, Experimente und eine Kunstausstellung eine kreative und innovative Sicht auf das Thema vermittelt.

In gestalterischen Workshops entstanden im Vorfeld Gebilde aus Holz, Kostüme und ausgeklügelte Performances. Kombiniert mit psychologischen und soziologischen Aspekten, Elementen aus dem Multimedialen Design, Innenarchitektur und Handwerk werden den Teilnehmern neue Blickwinkel auf die jeweiligen Bereiche eröffnet. Unter dem Motto “Wir bauen eine neue Gedankenskulptur” werden die Besucher mit Hilfe kleiner Experimente in die Darbietungen einbezogen. Wie auf einer Art Barfußpfad werden der visuelle, auditive, kinästhetische und olfaktorische Sinn geschärft.

“Die Leute sollen die Zusammenhänge spielerisch und interaktiv verstehen”, erklärt Dorniak. Wissenschaftliche Vorträge von Psychologie- und Philosophie-Professoren der Uni Trier verschmelzen mit tänzerischen Darbietungen, Musik und skurrilen Kostümen zu einem Konstrukt, in dem jeder Anwesende selbst eine eigene Rolle einnimmt. “Der Besucher sollte wie ein Kind in die Rolle eines Entdeckers schlüpfen”, so die 24-jährige. Doch obwohl das Gesamtkonzept auf den ersten Blick etwas kompliziert erscheint, ist für die Teilnahme an diesem interdisziplinären Programm keinerlei Vorkenntnis nötig. Zum vollständigen Verständnis “ist nicht einmal die Sprache notwendig”, betont Dorniak. Wichtig ist nur, dass die Menschen neugierig sind, denn “ohne Neugier ist man nicht fähig, neue Dinge zu erfahren”.

Auch wenn es anfangs nicht einfach war, mit diesem gewagten Programm das Vertrauen von möglichen Unterstützern zu bekommen – das Konzept hat inzwischen sowohl die Kulturstiftung als auch die Lokale Agenda 21 überzeugt. Neben der innovativen Idee ist dabei vor allem die Zusammenarbeit zwischen lokalen Studenten der Fachhochschule und der Universität mit nationalen und internationalen Kreativen von großer Bedeutung. “Ich denke generell, dass Studenten der FH und der Uni viel zu selten zusammen arbeiten”, spricht Monika Dorniak ein Grundsatzproblem an. Eine erfolgreiche Durchführung des Festivals könnte der bislang fehlende Anstoß für eine Brückenschlag beider Hochschulen sein.

Doch trotz akribischer Planung und aufwendiger Vorbereitungen für die Veranstaltung – die eigentliche Intention liegt in der Zusammenführung einer Vielzahl von verschiedenen Künstlern und Forschern, die im Zuge der Planung, im Laufe des Festivals und auch in der Nachbesprechung in Dialogen ihren Horizont erweitern und neue Ideen entwickeln sollen. Sie wolle den Anstoß geben, ein Netzwerk zu formen, dass sich nicht nur auf den Standort Trier beschränkt, sondern national und international kreativ aktiv wird, so Dorniak. Betrachtet man die Herkunft einiger Künstler, so ist ihr dies bereits jetzt gelungen: Zwei Fotografen aus New York, Musiker aus Paris und Luxemburg sowie Künstler aus London, Kopenhagen und ganz Deutschland formen die Ausstellung zu einem bunten und vielseitigem Gesamtkunstwerk, unterstützt durch faszinierende wissenschaftliche Fakten zu den jeweiligen Sinneserfahrungen. Dank Internet und sozialer Netzwerke ließen sich für jeden Aufgabenbereich engagierte Helfer finden und rekrutieren. Dieses Modell soll auch in der Zukunft ertragbringend für folgende Festivals greifen.

Bereits am Montag wird das Festival mit einer Wildkräuter-Wanderung (Startpunkt: Hofgut Mariahof, 16 Uhr) eingeleitet. Am Donnerstag bietet der BUND Trier um 15 Uhr eine “konsumkritische Stadttour” an (Treffpunkt: Brunnen am Kornmarkt), bevor ab 17.30 Uhr im Haus Franziskus ein Gesprächsabend und praktische Experimente zum Thema “Interdisziplinäre Wahrnehmung” anstehen (Anmeldung unter gedankenskulptur@yahoo.com). Am Freitag schließlich beginnt die eigentliche Veranstaltung in der alten Post am Kornmarkt mit einer Vernissage (18 Uhr). Im Anschluss finden “experimentelle Performances” statt. Samstags spielen ab 15 Uhr sechs verschiedene Bands aus Deutschland, Luxemburg, Frankreich und Kanada im Innenhof, während im Gebäude Experimente mit Psychologiestudenten und eine interaktive Performance von Kunststudenten gezeigt werden.

Festivaltickets gibt es im Vorverkauf für 7 Euro und für 9 Euro an der Abendkasse, sind jedoch aufgrund von Sicherheitsbestimmungen auf eine Stückzahl von 200 limitiert.

Wer sich über das neuartige Projekt informieren möchte, findet auf www.gedankenskulptur.eu alle Termine und Vorverkaufsstellen.

Simon Neumann

von 16vor

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