Bessere Schmerzversorgung für Menschen mit Demenz

Zusammen mit einem internationalen Team entwickelten Psychologen der Otto-Friedrich-Universität Bamberg ein Schmerzmessinstrument für Demenzkranke.


In Deutschland sind rund 1,5 Millionen Menschen von einer Demenz betroffen. Etwa jeder zweite von ihnen leidet zudem unter chronischen Schmerzen. Diese werden jedoch oft nicht erkannt und behandelt, denn die Betroffenen sind aufgrund der fortschreitenden Einschränkungen in Gedächtnis, Denken und Kommunikation nicht mehr in der Lage, ihre Probleme präzise zu benennen. Unter der Federführung des Lehrstuhls für Physiologische Psychologie der Otto-Friedrich-Universität Bamberg entwickelte ein internationales Team nun ein spezielles Instrument, um die Schmerzsymptomatik Demenzkranker besser erfassen zu können.

Schmerzdecodierung international erforscht

Insgesamt 62 Wissenschaftler aus 16 europäischen Ländern waren dafür der Frage nachgegangen, welche alternativen Kommunikationsformen Demenzkranke nutzen, um Schmerzen auszudrücken – und wie diese von Pflegekräften oder Angehörigen erkannt werden können.

Unter anderem luden die Bamberger Psychologen 60 Pflegekräfte ins Labor ein. Dort zeigten sie ihnen Videoaufnahmen der mimischen Reaktionen von demenzkranken und gesunden Menschen mit Schmerzen. Die Untersuchungsteilnehmer hatten die Aufgabe zu beurteilen, wie viel Schmerz die betrachteten Personen ausdrückten. In einer weiteren Studie beurteilten rund 400 Pfleger aus über 250 Alten- und Pflegeheimen mit Hilfe eines Fragebogens die Mimik ihrer Schutzbefohlenen bei potentiell schmerzhaften Vorgängen, wie etwa bei Maßnahmen der Körperhygiene, beim Aufstehen oder Umbetten.

Fragebogen als Schmerzmessinstrument

Auf Basis der Ergebnisse der verschiedenen nationalen Studien entwickelten die Experten einen Fragebogen, der insgesamt 36 Anzeichen für Schmerzen erfasst. Diese beziehen sich vor allem auf bestimmte Bewegungsmuster, die Körperhaltung, die Mimik sowie Atemstile und Vokalisationen, wie etwa Klagen und Stöhnen. Mit Hilfe dieser Fragen soll Pflegekräften die Beobachtung und Bewertung von Schmerzanzeichen bei ihren demenzkranken Patienten erleichtert werden.

Weiterentwicklung und Schulungen

Das Messinstrument wird kontinuierlich weiterentwickelt und soll europaweit einsetzbar sein: So wurde es bereits in sechs Sprachen übersetzt. Zudem soll es Schulungen für Pflegekräfte geben – um die Forschungsergebnisse schnellstmöglich in die Praxis zu übertragen und das Leiden Demenzkranker zu lindern.

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29. September 2015
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Foto: © yuri2011 – Fotolia.com

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