Berliner Psychologie Gebauer im Interview: Vorname kann Hindernis beim Online …

Gebauer: „Es gibt durchaus einen starken Alltagsglauben, dass es solche Effekte gibt. Auch Namensforscher gehen inzwischen davon aus. Wir tun das auch. Aber es ist immer die Frage, wie stark diese Effekte sind, wenn es um das Gefühl von sozialer Zurückweisung oder geringem Selbstwert geht. Das passiert nie durch eine einzige Ursache. Der Name kann ein Grund sein, aber keine superstarke Ursache.“

Werden Vornamen nach sozialer Schicht vergeben?

Gebauer: „In Deutschland gibt es typische Namen in der Unter- Mittel- und Oberschicht. Für sozial schwache Familien gibt es dafür inzwischen bereits den Begriff ’Kevinism’. Dort werden Kinder häufiger Kevin, Justin, Marvin, Dennis, Mandy, Celina oder Jacqueline genannt. Das kommt zum Teil wahrscheinlich daher, dass Menschen mit weniger Bildung eine größere Begeisterung für Fernsehshows haben und ihre Kinder danach benennen. Wenn Eltern wenig Bildung besitzen, haben häufig auch ihre Kinder weniger Chancen darauf. Dieser Effekt hat dann nichts mehr mit dem Vornamen zu tun. Aber Menschen, die einen Kevin kennenlernen, unterstellen ihm dann später automatisch wenig Bildung. Das kann zusätzlich zu negativen Lebenskonsequenzen führen.“

Kann man sich von solchen Namen-Klischees im Kopf freimachen?

Gebauer: „Das scheint sogar für Lehrer schwierig zu sein, da gibt es starke Effekte. In einer Studie aus dem Jahr 2008 schreiben Lehrer Schülern mit bildungsbürgerlichen Namen wie Charlotte oder Jakob eher positive Eigenschaften zu. Kinder mit Namen wie Kevin oder Chantal wurden eher als verhaltensauffällig eingeschätzt. Wenn wir aber wissen, dass es solche Verzerrungen gibt, dann können wir da auch gegensteuern. Das müsste auch beim Vornamen funktionieren, aber dazu gibt es noch keine Forschungen.“

Wann wird ein Name als positiv wahrgenommen?

Gebauer: „Populäre Namen werden eher als positiv wahrgenommen. Denn das Bekannte vermittelt ein angenehmes Gefühl der Vertrautheit. Christliche Namenstradition und klassische Namen lösen in Deutschland auch oft positive Reaktionen aus. Die Beliebtheit allein ist es aber nicht. Es gibt auch Namen, die selten sind, und trotzdem positiv besetzt. Eltern können auch gar nicht vorhersehen, wie beliebt ein Name in 20 Jahren ist. Mein Vater wollte meine Schwester Emma nennen. Das wäre vor 30 Jahren peinlich gewesen, heute ist der Name angesagt.“

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