Bei der Markenbildung geht es um Psychologie

Von Josephine Lütke

RAVENSBURG Um im Produktdschungel aufzufallen, müssen Unternehmen sich selbst und ihre Artikel auf dem Markt klar positionieren. Das gilt nicht nur für die ganz großen, sondern auch für Mittelständler. Das X-te Shampoo oder die X-te Grillsoße auf dem Markt werden nur wahrgenommen und damit auch gekauft, wenn sie die Psyche der Verbraucher ansprechen und positive Assoziationen wecken. Gleiches gilt für die sogenannten Business-to-Business-Unternehmen (B2B), deren Kunden andere Firmen sind. Um das zu erreichen, sollten Betriebe eine Marke einführen und bewahren. Sie schafft Wiedererkennungswert für Verbraucher und lockt Mitarbeiter, die sich mit ihr identifizieren können.

„Produkte entstehen in Fabriken – Marken in den Köpfen der Menschen“, sagt Professor Jens Pätzmann, Leiter des Kompetenzzentrums Marketing und Branding an der Hochschule Neu-Ulm. Ohne psychologische Kenntnisse komme ein Unternehmen bei der Einführung einer Marke daher nicht weit. „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“, so Pätzmann. Die Markenführung mache die Unternehmensstrategie sichtbar. Sei diese nicht zu erkennen, sei es auch keine Marke.

Drei von vier Mittelständlern messen der Bekanntheit einer Marke eine wichtige Bedeutung für den Erfolg eines Unternehmens bei. Dennoch ähneln sich die Markenwerte mittelständischer Unternehmen häufig, die Aussagen, wie Qualität oder Kundenorientierung, sind zu allgemein. Organisation und Differenzierung müssen verbessert werden. Das ist das Ergebnis der Studie „Wer bin ich?“ der Zeitschrift Markt und Mittelstand im Auftrag der Markenagentur Kleiner und Bold vom Dezember 2011.

Um Kaufanreize zu schaffen und damit im Wettbewerb zu bestehen, müssen sich Produkte von der Konkurrenz unterscheiden. Dafür muss ein Unternehmen zunächst seine Strategie analysieren: Was kann das Produkt, was andere nicht können? Welchen Vorteil und welche Charaktereigenschaften hat das Produkt?

Qualitätsversprechen muss auch gehalten werden

Die Qualität, der Mehrwert und die Persönlichkeit bilden die drei Grundpfeiler für die Bildung einer Marke. Ihnen angepasst werden Logo, Slogan, Kommunikation, Farbe und Verpackung. Diese Komponenten seien Ausdruck des Geschäftsmodells, sagt Jens Pätzmann. Doch „die Marke muss ihr Versprechen immer einlösen“, sagt Pätzmann. Eine gut beworbene und ansprechend verpackte Schokolade müsse also auch schmecken. Sonst wird das Versprechen gebrochen, das Vertrauen der Kunden ist weg.

Damit sich eine Marke auch langfristig hält, dürfe sie im Kern nicht verändert werden, sagt Pätzmann. Dennoch solle sie dem Zeitgeist angepasst und immer wieder mit dem Produkt abgeglichen werden. Außerdem sei eine kontinuierliche Kommunikation über Werbung, Vertrieb und auch das Internet wichtig für den Erhalt einer Marke. Nivea beispielsweise hält seine Werbung und Verpackungen seit Jahrzehnten immer in blau-weiß, das Wort „Pflege“ zieht sich konsequent durch die Kommunikation.

Die Zigarettenmarke Camel hingegen hat durch einen Kampagnenbruch in den 1990er-Jahren an Bedeutung verloren. Ein buntes Plüsch-Kamel hat das Abenteuer- und Freizeitflair der Kultmarke ersetzt. Der Verkauf der Camel-Zigaretten ging daraufhin zurück.

Eine kontinuierliche Kommunikation muss nicht gleich Millionen oder Milliarden kosten. Gerade B2B-Unternehmen, die oft Mittelständler sind, brauchen nicht viel Geld zu investieren. Da sie sich nicht an Endverbraucher richteten, könnten sie beispielsweise auf teure Fernsehwerbung verzichten, sagt Pätzmann. Ihre Kunden seien oft nur mehrere Hundert, die schon auf Messen und im Internet erreicht werden könnten.

Eine Marke gebe auch Kunden Sicherheit, die selbst Unternehmen sind. Es entstehe ein ideeller Wert, sagt Pätzmann. Im Idealfall sollten die B2B-Unternehmen fünf bis zehn Prozent ihres Umsatzes für Marketing ausgeben, so Pätzmann. Dieser Anteil werde jedoch nur selten aufgewendet. Business-to-Consumer-Unternehmen (B2C), die sich an Endverbraucher richten, sollten idealerweise bis zu 30 Prozent ihres Umsatzes investieren. Das mache beispielsweise Red Bull. Für Unternehmen, die kein Monopol oder Oligopol besitzen, schafft die Bildung einer Marke einen Mehrwert.

Die Marke führe dazu, dass das Produkt mehr Geld bringe, sagt Pätzmann. „Der Schmerz muss groß sein. Dann wird man auch als Mittelständler in eine Marke investieren.“

(Aktualisiert: 11.11.2013 11:41)

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