Bachmann-Preis: FALKNER steigt mit einem Manifest in den Ring

Klagenfurt/Wien (APA) - Michaela Falkner ist eine zurückhaltend formulierende Frau. Sie promovierte in Politischer Psychologie über verbale Konstrukte von Politikern und Parteien. FALKNER hat mit Langzeit-Performances experimentiert, inszeniert Hörspiele und verfasst Manifeste. Diese heißen „Einmal noch schlafen, dann greifen wir an“ oder „Bring mir den Kopf von!“. Mit Manifest 47 tritt sie um den Bachmann-Preis an.

„Im Kunstbetrieb ist ein Künstlername gang und gäbe. Er erleichtert mir, von meiner privaten Person Abstand zu nehmen und mich zu fokussieren. Biografisierung finde ich uninteressant. Wenn ich hinausgehe, gehe ich als FALKNER hinaus“, erklärt die 1970 im oberösterreichischen Kollerschlag geborene Autorin und Regisseurin im Gespräch mit der APA. „Wenn ich Manifeste verfasse und durchnummeriere, hat das einen bewussten Reihungscharakter.“

FALKNER überrascht mit Aussagen wie: „Ich lese keine Belletristik. Ich bin keine Leserin. Ich bin Schreiberin.“ Doch Vorleserin ist sie schon. „Meine Texte gehören gelesen. Vorgelesen.“ Deshalb hat sie mit Performances experimentiert, in denen sich Leben und Schreiben, Text und Tat zu einer Einheit verbanden. Am liebsten seien ihr Langzeit-Performances gewesen. „Ich habe einmal das Forum Stadtpark 72 Stunden lang bespielt und dabei meine Spuren hinterlassen.“ Eine Fünf-Tages-Performance, die sie im MAK geplant und dann nicht durchgeführt habe, war Höhe- und Endpunkt dieser Entwicklung.

Seit rund drei Jahren hat sie das Hörspiel als geeignetes Medium entdeckt, dem von ihr intendierten sprachlichen Gesamtkunstwerk am nächsten zu kommen. Dabei zeichnet sie für Text und Regie gleichermaßen verantwortlich. Für „Manifest 44 / Der schwarze Trauerzug, Amsel, Drossel, Fink und Star, der Rabe, der Rabe, der Uhu, der Uhu“ wurde sie mit dem Ö1-Hörspielpreis der Kritik ausgezeichnet. Auch der bisher jüngste Text, „Manifest 49 / Draußen unter freiem Himmel“, ist ein im Auftrag des WDR entstandenes Hörspiel. Manifest 47 ist der für die 39. Tage der deutschsprachigen Literatur geschriebene Wettbewerbsbeitrag.

„Es ist ein sehr dialogischer Text“, den sie verfasst habe, nachdem sie Klaus Kastberger nach Klagenfurt eingeladen habe. Dass sie in der ORF-Arena die traditionelle Wasserglas-Lesungsform performativ sprengen werde, sei wohl nicht zu erwarten, wehrt FALKNER diesbezügliche Erwartungen ab. Dass sie freilich weder in Form noch in Inhalt die Konventionen bedienen möchte, zeigen ihre bisherigen Publikationen. „Du blutest, du blutest“, ihr bisher letztes, 2011 erschienenes Buch, ist eine literarische Expedition in die Hölle, die Menschen einander bereiten, ein postapokalyptisches Gewaltszenario, in dem sich Krieg und Anarchie ihre eigenen Gesetze schaffen.

„Ich nehme mir ein politisches System und drehe das ein paar Schrauben weiter“, sagt die Autorin, die erst mit 35 zu schreiben begonnen hat. „Die klassischen, kleinen Beziehungsgeschichten interessieren mich gar nicht.“ Basis für das Erzeugen ihrer sogartigen Bilder, mit denen sie bekannte Situationen weiterspinnt, ist nicht nur ausgiebige Recherche. „Mein Mann stammt aus Algerien. Ich kenne daher diese repressiven Systeme und das, was sie mit Menschen machen.“

So sehr sie sich in ihrer Arbeit immer mehr als Protagonistin zurücknimmt, so sehr drängen ihre Texte zunehmend auf die Bühne. Ein Theaterstück ist bereits fertig. Was daraus wird? FALKNER sagt einen Satz, den sie im Verlauf des Gespräches immer wieder verwendet hat: „Schau‘n wir mal.“

(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - bachmannpreis.orf.at)

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