Auslandssemester auf Jamaica

Palmen, Strand und Reggae-Musik genießen – und dabei studieren und arbeiten? Taraneh Motakef hat es ausprobiert, und zwar an der Universität Kingston auf Jamaica. Die Psychologie-Studentin aus Aachen verdiente sich das Geld für Ihr karibisches Auslandssemester mit Ihrem Notebook. Am Strand sitzend, arbeitete Sie für antikoerper-online.de, einem Aachener Online-Marktplatz für Proteomics-Produkte.

Auf dem Flughafen der jamaikanischen Hauptstadt Kingston begrüßt die Stimmte von Bob Marley die Gäste mit „Welcome to the Island!“ – so auch Taraneh Motakef. Die 34-jährige Aachenerin war zu einem fünfmonatigen Abenteuer aufgebrochen, einem Auslandssemester auf Jamaika. Was für die meisten zumindest exotisch klingen mag, findet man regelmäßig auf den Internetseiten des DAAD, des Deutschen Akademischen Austausch-Dienstes. Hier hatte sich auch Taraneh über Studienorte im Ausland informiert. Im 5. Fachsemester wollte sie ihr Psychologie-Studium an der Fernuniversität Hagen mit einem Auslandsaufenthalt ergänzen und wurde so auf die University of the West Indies in Kingston, Jamaika, aufmerksam.

Die Ankunft in Ihrer Kingstoner WG wird Taraneh nie vergessen. Neben den Mitbewohnerinnen Natalie aus Jamaika und Leandre aus Barbados wurde sie auch von einem ganz kleinen Genossen begrüßt, der über ihre Füße huschte. Dass sie den Platz in der WG auch mit einer Eidechse teilen müsste, hätte sie nicht geglaubt, erzählt Taraneh schmunzelnd. Auch die fehlenden Fensterscheiben waren anfangs ziemlich ungewöhnlich. Wegen der konstanten Hitze wäre ein verglastes Fenster ohnehin immer offen, also war es durchaus nachvollziehbar, dass nur eine Metalljalousie vor den abendlichen Mückenschwärmen schützen sollte.

Viel günstiger ist das Leben auf Jamaika allerdings nicht, musste die Aachenerin schnell lernen. „Für die Miete eines Zimmers zahlt man nicht weniger als in Deutschland“, stellt sie fest und weist auch auf die fast noch höheren Lebensmittelpreise hin. Beinahe alles wird nach Jamaika importiert, und so ist es auch nicht ungewöhnlich, dass die jamaikanischen Dollar an einen Partyabend in Kingston schnell aufgebraucht sind. „Es lohnt sich definitiv“, resümiert Taraneh dennoch, und auch an die regelmäßigen Strom- und Wasserausfälle hätte sie sich bald gewöhnt.

Auch wenn auf Jamaika alles ein bisschen gemütlicher zugeht, ist schon morgens um 7 Uhr viel los auf den Straßen. Musik begleitet den Tagesrhythmus der Jamaikaner, und Reggae und Dancehall-Musik hört man an vielen Straßenecken, bemerkte Taraneh bald. Das Klischee vom „Rastaman“, dem männlichen Jamaikaner mit Rastalocken, begegnete ihr ebenfalls oft. Auch das Patois, den Slang, den die Einheimischen statt der Landessprache Englisch oft sprechen, klingt ihr noch im Ohr. Jeden Morgen begleitete er sie auf den 15 Minuten Fußweg von ihrer Wohnung im Viertel Papine bis zum Uni-Campus.
Auf dem weitläufigen Unigelände in Kingston musste sich die Studentin anfangs mit einer Karte orientieren. Es ist eines der größten in der Karibik und viele Studenten von den benachbarten Inselgruppen kommen hierher, um zu studieren. Der „Mona Campus“ beherbergt zahlreiche Hörsäle, Bibliotheken, das Universitätsklinikum, ein Biotechnology-Center, das Caribbean Arts Center, die Law-School und vieles mehr. Taraneh berichtet, dass man auf dem Sportplatz mit ein bisschen Glück Usain Bolt beim Training zusehen konnte. Viele Studenten nutzen das reichhaltige Angebot an Freizeitaktivitäten, zum Beispiel in der riesigen Sporthalle oder dem Swimming-Pool.

Die entspannte Lebenseinstellung der Jamaikaner lernte Taraneh auch an der Universität überall kennen. Die Vorlesungen dauerten zwar zwei Stunden, aber die Dozenten kamen oft selbst zu spät, erinnert sie sich lachend. Diese Gelassenheit fand sie bewundernswert, denn niemand konnte hier etwas mit dem Wort „Burn-out“ anfangen. Selbst in der anstrengenden Klausur-Zeit blieben die Kommilitoninnen und Kommilitonen ruhig und ausgeglichen.
Genug zu tun blieb für Taraneh natürlich trotzdem, denn neben dem Studium galt es, das Geld für den sonnigen Auslandsaufenthalt zu verdienen. Dass sie dabei oft mit Ihrem Notebook unter den Palmen am Strand sitzen konnte, verdankt sie ihrem Job als wissenschaftliche Hilfskraft bei der antibodies-online GmbH in Aachen. Das Unternehmen basiert auf einem Start-up der RWTH Aachen und ist inzwischen zum weltgrößten Online-Marktplatz für Proteomics-Produkte geworden. Diese Produkt sind Analysemittel für Erforschung der Proteinzusammensetzung in Zellen und ganzen Lebewesen. Das Sortiment umfasst über eine Million verschiedene Produkte, von Forschungsantikörpern über ELISA Kits bis hin zu Peptiden, Proteinen und verwandten Stoffen. Mehr als 150 Anbieter aus Nordamerika, Asien und Europa nutzen den Marktplatz, um ihre Forschungsprodukte an die Kunden zu bringen. Zu denen zählen so renommierte Institutionen wie das Universitätsklinikum Charité in Berlin, die Uniklinik München, die ETH Zürich und das MIT (Massachusetts Institute of Technologie) in Harvard. Insgesamt nutzen über 2000 Forschungsinstitutionen aus 53 Ländern den Online-Marktplatz. Neben antikoerper-online.de (Deutsch) gibt es noch antibodies-online.com (Englisch), anticorps-engligne.fr (Französisch) und antibodies-online.cn (Chinesisch).
Taranehs Kolleginnen und Kollegen sind auch in Atlanta (USA) und Shanghai (China) tätig, wo seit 2010 Tochtergesellschaften bzw. Niederlassungen zur Erschließung internationaler Märkte gegründet wurden. Taraneh selbst erhielt von ihrem Chef, Dr. Tim Hiddemann, die Erlaubnis, über ein halbes Jahr von Jamaika aus mitzuarbeiten. Sie ist ihm sehr dankbar, dass sie auch durch die flexible Arbeit für antibodies-online ihr Auslandssemester so gut meistern konnte. Die Psychologie-Studentin beherrscht ihren Job im Bereich Datenverarbeitung sehr gut. Sie erklärt den Namen des Unternehmens und die Ziele: „Antikörper sind wesentliche Bestandteile des Immunsystems. Mit ihrer Hilfe kann man Proteine identifizieren oder auch ihr Fehlen nachweisen.“ Jeder habe wahrscheinlich schon mal gehört, dass sich Antikörper nach einer Impfung oder einer Krankheit im Körper bilden, um die Krankheitserreger zu bekämpfen. Die 34-jährige Aachenerin führt weiter aus, dass Forscher und Pharmafirmen sie bräuchten, um Arzneien gegen Krebs, Rheuma und andere Krankheiten zu entwickeln. Es wäre viel zu aufwendig, ein Nachweisverfahren jedes Mal neu zu entwickeln. Für mindestens drei Millionen Proteine würden Nachweismethoden auf dem Markt gehandelt und jeweils drei bis vier Antikörper gäbe es für jedes Protein. Taraneh vergleicht das Firmenkonzept mit dem des Online-Händlers Amazon: Bei antikoerper-online erhalte man eine Übersicht über die zahlreichen Proteomics-Produkte und könne sie direkt dort bestellen. Ihr Job ist es, die Produktdaten, die die Lieferanten einsenden, mit speziell dafür erstellten Programmen auszulesen. Diese werden dann an vorgesehenen die Produktinformationsfelder angeglichen und auf die Online-Plattform geladen.

Die Studentin weiß, wie wichtig die Zusammenarbeit der verschiedenen Kompetenzrichtungen für den Unternehmenserfolg insgesamt ist. Ein großes Team aus Software-Entwicklern und Informatikern entwirft ständig neue Programme zur Produktidentifikation, mit deren Hilfe sie und ihre Kollegen die Proteomics-Produkte in Websites und Kataloge einpflegen. Nur so können die Kunden von antibodies-online – Wissenschaftler in aller Welt – die benötigten Produkte schnell finden. Dabei hilft auch das Kundenservice-Team, in dem Biologen, Mediziner und Biotechnologen arbeiten. Für ein im Internet agierendes Unternehmen ist natürlich auch Online-Marketing wichtig, damit Produkte in Suchmaschinen wie Google angezeigt werden, erläutert Taraneh. Last but not least muss sich ein Logistik-Team um den Produktversand kümmern.

Die Psychologie-Studentin aus Aachen hat in den fünf Monaten auf Jamaika viel erlebt, auch wenn sie die Zeit hauptsächlich in Kingston verbracht hat. Vieles ist natürlich anders als in Mitteleuropa, stellt sie klar: „Abends fährt man wegen der hohen Kriminalitätsrate in Kingston nur noch mit dem Taxi.“ Und als „Whity“ macht man lieber einen Bogen um Armenviertel wie „Downtown“. Trotzdem nimmt sie viele positive Erfahrungen aus Zeit mit. Ein Highlight war der Besuch einiger deutscher Kollegen von der antibodies-online GmbH in den letzten Semester-Wochen. Die Zeit nach Klausuren nutzte Taraneh für Reisen über die wundervolle Karibikinsel und an die vielen Eindrücke aus ihrem ungewöhnlichen Auslandssemester wird sie sich noch lange erinnern.

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