Auf Visite mit den Klinikclowns



Yueh Weber-Lu ist als "Dr. Yaou-Yaou" seit 13 Jahren bei den Klinikclowns dabei. © KlinikClowns Bayern e.V.


Seit 15 Jahren sind die Klinikclowns in Kinderkliniken, Hospizen, Senioren- und Behindertenheimen im Einsatz*. Viel Geld bekommen sie dafür nicht, ihr Lohn ist ein Lachen. Doch nicht immer haben sie dabei Erfolg. Macht nichts, denn die Stärke der Klinikclowns liegt nicht allein in Faxen und Blödeleien, sondern in Aufmerksamkeit. Für den Menschen, nicht für seine Krankheit.

Der Dienst der Klinikclowns beginnt in einem Werkraum im Keller der Klinik, in den man sich als Besucher normalerweise nicht verirrt. Zwei Frauen sitzen in farbenfrohen Kostümen am Tisch und schminken sich: rote Wangen und ein breites, rotes Grinsen. Letzteres wird auf ganz natürliche Weise breiter, wenn Georgia Huber und Yueh Weber-Lu in ihre Clown-Identitäten schlüpfen.

So ganz trennen sie ihre Clown-Persönlichkeit zwar nicht von ihrem Alltags-Ich: "Ich bin ich", sagt "Dr. Yaou-Yaou" alias Yueh, die ihr schwarzes Haar zu zwei wilden Zöpfen toupiert hat. "Eine Spur von Clown habe ich immer in mir. Die kann ich grösser werden lassen oder kleiner", erklärt Georgia, setzt ihre Clownsnase auf - und verwandelt sich in "Dr. Gurki Klumps". Zumindest für mich ist die Veränderung deutlich spürbar. Jetzt geht der Spass los!

Lärmend wie eine kleine Gruppe Betrunkener wandern wir durch die stillen Gänge Richtung Kinderstation. Eine ungewohnte Stimmung für einen solchen Ort, der für manche Kinder eine Zeit lang zum Zuhause wird.

Nicht jeder Patient verträgt Besuch von den Klinikclowns

Krankenhäuser sind keine fröhlichen Orte. Deswegen sind sie so wichtig, die Klinikclowns. Sie sind die einzigen, die nicht mit geschäftiger Zweckmässigkeit durch die Gänge hasten. Sie haben anderes im Sinn: Blödsinn machen, Ablenkung schenken und - im besten Fall - ein hier so wertvolles Lachen erbeuten.

Ob Krankenschwester, Besucher oder Arzt: Jeder, der uns begegnet, wird angequatscht. Doch im Mittelpunkt stehen die kleinen Patienten.

Bei wem dürfen "Gurki" und "Yaou-yaou" heute zur Clownsvisite und wem geht es nicht gut genug für den fröhlichen Besuch? Ein kurzes Briefing im Schwesternzimmer. Die beiden spüren aber auch selbst, wann sie willkommen sind und wann sie stören. Auch das kommt vor.

Ein zweijähriges Mädchen an der Hand seiner Mutter kommt uns auf dem Gang entgegen. Sofort verschwindet die Kleine hinter den Beinen ihrer Mama, ihre Augen aber bleiben an uns kleben. Sie hat Angst vor diesen drei grossen Menschen, von denen zwei besonders auffällig sind. Ihre Mutter ist dagegen entzückt und versucht, das Mädchen aus der Reserve zu locken. Mit spärlichem Erfolg. Sachte und ohne Worte pumpen "Gurki" und "Yaou-Yaou" Luft in ein paar Ballons, "Yaou-Yaou" summt beruhigend. Ein paar schnelle Drehungen aus dem Handgelenk und eine pummelige Biene ist geboren, die sich vorsichtig der Kleinen nähert. Skeptisch nimmt diese ihr Geschenk entgegen. Das Eis bricht nicht, doch die Neugier in den Augen des Mädchens spricht Bände.


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Am zugänglichsten für das clowneske Spiel sind Kinder im Grundschulalter, sagt Georgia. Von denen treffen wir an diesem Tag keines. Dafür lümmeln zwei 17-Jährige in ihren Betten. Sie sind wenig begeistert vom unerwarteten Besuch, verstecken ihr Gesicht halb in der Matratze. Das merken auch "Gurki" und "Yaou-yaou". Sie scheinen sich gerade aus dem Desinteresse der Halbstarken einen Spass zu machen. Die beiden Jugendlichen werden mit Herzchen-Blumen aus Ballons versorgt. Für die Freundin. "Eine Blume mit zwei oder mit drei Blättern?" "Ist mir egal." Aber ein Grinsen können auch sie sich nicht verkneifen.

Die Schicksale gehen unter die Haut

Jede Visite ist anders, manchmal werden die Clowns von den Patienten regelrecht belagert und können sich kaum losreissen. "Heute war nicht viel los", Georgia alias "Gurki" klingt enttäuscht.

Doch es ist nicht das Desinteresse seitens der Patienten, das aufs Gemüt schlägt, sondern manches Schicksal. "Manchmal komme ich schon ins Grübeln, zum Beispiel bei Menschen, die nach einem Unfall behindert sind. Welches Leben haben sie davor geführt? Aber es nicht so, dass ich herumlaufe und total belastet bin – sonst könnte ich diese Arbeit gar nicht machen", erzählt Georgia.



Georgia Huber ist als "Dr. Gurki Klumps" seit 15 Jahren für die KlinikClowns Bayern e.V. tätig. © KlinikClowns Bayern e.V.


Seit 15 Jahren gibt es die KlinikClowns Bayern, die gelernte Schauspielerin Georgia ist als "Dr. Gurki Klumps" von Anfang an dabei. Auch Yueh kommt aus dem darstellerischen Bereich und ist seit 13 Jahren Klinikclown.  

120 Euro bekommen sie und die anderen professionellen Spassmacher pro Einsatz. Hinzu kommen zahlreiche organisatorische Tätigkeiten bei KlinikClowns Bayern e.V., die sie ehrenamtlich erledigen. Der Verein ist auf Spenden angewiesen, die Kliniken selbst wollen sich die Clownsvisite in den meisten Fällen nichts kosten lassen.

Viele Laien würden gerne ehrenamtlich mitmachen, doch die Arbeit als Klinikclown ist nicht ohne. Nicht nur sind eine künstlerische Ausbildung sowie pädagogische Fortbildungen Pflicht. Man sollte auch mit psychisch belastenden Situationen zurechtkommen: "Man muss die Distanz halten", sagt Georgia. Trübe Stimmung bringe den Patienten schliesslich nichts, findet Yueh: "Leid haben sie genug, die Zeit ist schöner, wenn wir etwas ganz anderes machen." 

*In Bayern sind 50 aktive Clowns in Kliniken, Hospizen, Senioren- oder Behindertenheimen unterwegs, meist einmal wöchentlich kommen sie zur Visite. Die Kinderkliniken in München sind mittlerweile vollständig abgedeckt, grossen Bedarf gibt es aber noch in Senioren- und Behindertenheimen.

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