Ärzte warnen vor Ebola-Epidemie – Tages

Zwischen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Hilfsorganisation Médecins sans Frontières (MSF) ist ein Streit über die Beurteilung des jüngsten Ausbruchs einer der gefährlichsten Krankheiten der Welt – des Ebola-Fiebers – in Guinea und anderen westafrikanischen Staaten entbrannt.

Während ein WHO-Sprecher in Genf von einem «relativ überschaubaren» Herd der Infektionskrankheit sprach und vor Panikmache warnte, bezeichneten die MSF den Ausbruch als «einmalig». Die Epidemie könnte ein «bislang beispielloses Ausmass» annehmen, sagte ein Sprecher der Hilfsorganisation gegenüber der BBC.

Als besorgniserregend bezeichnen die MSF den Umstand, dass bereits aus drei westafrikanischen Staaten – neben Guinea auch Liberia und Sierra Leone – Fälle von Ebola gemeldet wurden und dass die Epidemie auch auf die guineische Hauptstadt Conakry mit ihren 2 Millionen Einwohnern übergegriffen hat. In Conakry sollen bereits mindestens 13 Menschen mit dem Virus infiziert worden sein, davon sind 4 bereits gestorben.

Flughunde übertragen Virus

Insgesamt wird von mehr als 120 erkrankten Patienten gesprochen – über 80 sollen dem meist tödlichen Fieber bereits erlegen sein. Trotzdem möchte die WHO bislang noch nicht von einer «Epidemie» sprechen. Ebola löse schon genug Angstreaktionen aus, sagte WHO-Sprecher Gregory Hartl in Genf: «Wir müssen sehr vorsichtig damit sein, wie wir einen Ausbruch bezeichnen, der bislang nur aus einzelnen Fällen besteht.»

Der Herd der Infektion wird auf eine Waldregion im Südosten Guineas zurückgeführt. Dort gelten Flughunde als Delikatesse – eines der Tiere, die das Ebola-Virus neben Schimpansen, Stachelschweinen und Antilopen übertragen können. Die guineische Regierung hat inzwischen den Verzehr des Fleischs wilder Tiere einschliesslich der beliebten Flughundsuppe verboten.

Aus der Hauptstadt Conakry wurden Ende vergangener Woche die ersten Ebola-Fälle gemeldet: Alle Erkrankten befinden sich auf einer Isolierstation im Zentralhospital der Hafenstadt. Der Ausbruch der Infektionskrankheit hat das Leben in der Stadt in Mitleidenschaft gezogen. Die Guineer geben sich zum Gruss nicht mehr die Hände, Haushalte decken sich mit Desinfektionsmitteln ein, zunächst wurden sogar die Schulen geschlossen – die Massnahme wurde inzwischen allerdings rückgängig gemacht.

Grenzen dichtgemacht

Ausserdem machte Senegal seine Grenzen zum Nachbarland dicht, und der senegalesische Musikstar Youssou N’Dour sagte am Wochenende ein geplantes Konzert in Conakry ab. Air Mauretania weigerte sich, guineische Passagiere vom senegalesischen Dakar nach Conakry zu befördern.

Unterdessen wurden aus Liberia sieben Fälle von Ebola gemeldet, vier Erkrankte sollen bereits gestorben sein. In allen Fällen konnte eine Verbindung der Infizierten nach Guinea nachgewiesen werden. Der liberianische Gesundheitsminister forderte die Bevölkerung zur sexuellen Enthaltsamkeit auf: Ob seinem Rat Folge geleistet wird, wurde bislang nicht bekannt. Auch in Sierra Leone sollen schon fünf Personen mit dem Virus infiziert worden sein.

Ärzte unter den Opfern

Am Donnerstag wurde bekannt, dass eine mit Ebola infizierte Frau in der liberianischen Hauptstadt Monrovia aus dem Spital entwichen sei und Dutzende andere Menschen in Lebensgefahr gebracht habe. Dies teilte die US-Botschaft in der Hauptstadt mit. Die Frau wollte ihren Ehemann besuchen und sei in einem Taxi gefahren, in dem fünf andere Menschen gesessen hätten. Mittlerweile konnten die Gesundheitsbehörden die Schwerkranke wieder ausfindig machen und stellten die gesamte Familie in ihrem Haus unter Quarantäne.

Das nach einem kongolesischen Fluss benannte Ebola-Virus löst eine der gefährlichsten Krankheiten der Welt aus. Zwischen 60 und 90 Prozent aller Infizierten sterben an dem Erreger, gegen den es bisher weder einen Impfstoff noch ein Heilmittel gibt. Die Krankheit verläuft in zwei Phasen, wobei die Symp­tome der ersten Phase mit Fieber, Müdigkeit und Muskelschmerzen denen einer normalen Grippeinfektion oder Malaria ähneln – was die Krankheit für Pflegekräfte, die keine besonderen Schutzmassnahmen für nötig halten, so gefährlich macht. Sie gehören meist zu den ersten Opfern: Dem Ausbruch in Guinea sind bereits drei Ärzte zum Opfer gefallen.

Der zweite Krankheitsschub verläuft wesentlich dramatischer. Die Patienten fangen innerlich zu bluten an und erbrechen Blut, während ihnen auch aus der Nase und den Ohren Blut fliessen kann. Oft werden die Kranken in diesem Zustand von ihren in Panik fliehenden Verwandten im Stich gelassen. Pflegekräfte müssen sich in Schutzanzüge mit Brille und Handschuhen kleiden, um nicht mit den ansteckenden Sekreten der Patienten in Berührung zu kommen. In den Schutzanzügen ist es in der afrikanischen Hitze jedoch nur 15 Minuten auszuhalten.

Erstmals wurde Ebola 1976 im Kongo bekannt. Danach kam es zu mehreren Ausbrüchen, die sich vor allem auf das zentralafrikanische Regenwaldgebiet – Gabon, den Kongo und Uganda – beschränkten. Aus Westafrika wurde bislang erst ein Ausbruch gemeldet. Die bisher verheerendste Epidemie ereignete sich 1995 in der Nähe der kongolesischen Stadt Kikwit: Dort erlagen 245 Menschen dem Virus. (Tages-Anzeiger)

(Erstellt: 04.04.2014, 02:54 Uhr)

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