Ärger überwinden

9. Dezember 2014

Ärger bei der Arbeit lässt sich überwinden, indem man freundlicher denkt, mit Neid, Zurückweisung, Kritik und fehlender Kontrolle besser umgeht und die Wirklichkeit aushält. Zu diesem Schluss kommen zwei Autoren der Zeitschrift Psychologie Heute.

In der Novemberausgabe stellen Eva Tenzer und Thomas Saum-Aldehoff Ansätze vor, wie sich Ärger überwinden lässt. Ärger ist ein Gefühl, das sich häufig einstellt, wenn man kritisiert wird oder nicht das bekommt, was man erwartet hat. Er hat einen körperlichen Anteil (rascher atmen, aufgebracht sein, das Herz schlägt schneller), einen erlebnisbezogenen Anteil (den Ärger wahrnehmen, ständig an denjenigen denken, der ihn verursacht hat) und einen Verhaltensanteil (jemanden beleidigen, sich zurückziehen, laut werden).

Entgegen der landläufigen Meinung, dass ein Wutausbruch hin und wieder gut sei und man sich dadurch Luft mache, führt dieser nur zu noch mehr Ärger. Körperliche Reaktionen schaukeln sich auf, Denken und Fühlen werden hasserfüllter. Langfristig kann diese Überreaktion mit höherem Blutdruck, Herzkreislauferkrankungen oder depressiven Störungen einhergehen. Ärgerexperten wie Sven Barnow, Professor für klinische Psychologie an der Universität Heidelberg, raten daher, sich mit dem unliebsamen Gefühl auseinanderzusetzen. Welche Möglichkeiten gibt es, dem entgegenzusteuern?

Atmen und freundlicher denken. Ein erster Schritt ist, für fünf Minuten aus der ärgerlichen Situation zu gehen, nur auf seinen Atem zu achten und auf das, was gerade im Körper vor sich geht. Dann kann man versuchen, freundlicher zu denken – über sich selbst und über das Gegenüber. „Es ist okay, dass ich so fühle, ich beobachte es erst einmal.“ Und: „Mein Chef hat mich kritisiert, vielleicht zu Recht. Na gut, dann werde ich die Abrechnung noch einmal machen.“ Atmen und seine Gedanken wohlwollend ordnen, das hilft zu überlegen, was man sagt, und damit die negativen Folgen einer heftigen Gegenwehr abzuwenden.

Vier Auslösern entgegenwirken. Thomas Saum-Aldehoff zitiert die Psychotherapeutin Judith Siegel, die in ihrem Buch „Stop overacting“ vier Auslöser von Wut und Ärger nennt: Neid, Zurückweisung, Kritik und eingeschränkte Kontrolle. Wer diesen entgegenwirkt, kann auch seinen Ärger zügeln.

  1. Seinen Neid sollte man sich eingestehen und ihn als normales Gefühl betrachten, etwa wenn eine Kollegin vorgezogen und befördert wird. Dann sollte man sich notieren, was einem wirklich wichtig ist, zum Beispiel Freude beim Arbeiten oder sich mit den Kollegen verstehen. Beides bleibt auch ohne Beförderung. Wenn man sich dieses Gut bewusst macht, wird man weniger neidisch.
  2. Zurückweisung, zum Beispiel wenn einen der Kollege nicht grüßt, ja, nicht einmal ansieht, verarbeitet das Gehirn wie einen körperlichen Schmerz. Damit lässt sich besser umgehen, wenn man aufschreibt, warum diese Person für einen selbst so bedeutsam ist und auch, welche Nachteile sie hat. Dadurch erkennt man seine Wünsche und kann diese zugleich relativieren.
  3. Wenn man kritisiert wird, sollte man zunächst beobachten, wie man reagiert, zum Beispiel durch einen Gegenangriff oder Verteidigung seiner selbst. Diese Reaktionen kann man infrage stellen und stattdessen etwas anderes ausprobieren. So lässt sich der kritisierten Schwäche ein kleiner Katalog von Stärken gegenüberstellen und überlegen, wie diese zukünftig helfen können.
  4. Wer denkt, dass er sich nicht durchsetzen oder etwas nicht kontrollieren kann, sollte sich fragen, wer von seinem Verhalten profitiert und was genau passiert, wenn er sich anders verhält und klar und deutlich seine Meinung sagt.

Innewohnende Ruhe

Die schmerzhafte Wirklichkeit aushalten. Letztlich offenbart der Ärger auch, wo es hapert, dass man nicht so schnell, weitsichtig oder diplomatisch ist, wie man vermutete, oder dass die Vorgänge in der Abteilung schwieriger sind als gedacht. Dann kommt man nicht umhin, diese Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit auszuhalten und etwas daraus zu machen, indem man etwa zur Einstellung gelangt, dass „unser Gefühl von Wohlbefinden und Lebendigkeit nicht mehr von Dingen abhängt, die außerhalb von uns selbst sind“ (S. 30), sondern vielmehr von der eigenen, innewohnenden Ruhe. Damit kann man beherzter handeln und nach und nach all das ändern, was einen bei der Arbeit stört.

© Wirtschaftspsychologie aktuell, 2014. Alle Rechte vorbehalten.

Weiterführende Informationen:

Eva Tenzer (2014). „Ich könnte platzen vor Wut!“ [Abstract]. Psychologie Heute, November/2014, 20-25.

Thomas Saum-Aldehoff (2014). Dem Ärger auf den Grund gehen [Abstract]. Psychologie Heute, November/2014, 26-30.

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