Ängste von Depressiven nicht kleinreden


Mann hlt sich die Hnde vor sein Gesicht
Warum es ihnen schlecht geht, können von Depressionen Betroffene oft nicht mal selbst so genau sagen. Angehörige sollten das Problem deshalb aber nicht kleinreden. © Imago/Niehoff


Angehörige oder Freunde von Menschen mit Depressionen sollten die Ängste der Betroffenen nicht kleinreden. Es bringt also wenig, ihnen etwa zu sagen, dass ihre Sorgen unbegründet seien. Den Depressiven so zu akzeptieren, wie er ist, sei ein erster Schritt, um ihm helfen zu können, erklärt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in Köln. Neben einem respektvollen Umgang mit der Person sei aufmerksames Zuhören wichtig.

Auf seinem Portal Gesundheitsinformation.de rät das IQWiG davon ab, Betroffenen Schuldgefühle auszureden oder als grundlos darzustellen. Sie würden oft als real erlebt. Wichtig sei es, ruhig und ehrlich zu bleiben, auch wenn das Gespräch schwierig wird oder die Person ärgerlich reagiert.

Dem Kranken helfe es, wenn Freunde oder Familie ihm beim Vereinbaren von Arztterminen oder beim Beratungs- oder Therapiegespräch zur Seite stehen. Außerdem gilt: Selbstmordgedanken unbedingt ernst nehmen und spätestens dann professionelle Hilfe suchen.

  • Gepardo
    Heute, um 17:50 Uhr

    @Kombifahrer: Ich weiß nicht, ob du aus eigener Erfahrung schreibst oder mit depressiven Menschen zu tun hast. Ich habe nur meine eigene Erfahrung und was ich so aus der Therapie mitgenommen habe. Deshalb könnte ich in meiner Verallgemeinerung etwas daneben liegen. Ich möchte trotzdem meine Meinung äußern:

    Sicher ist der Einfluss der Gesellschaft nicht zu verachten, besonders auch die Erziehung.

    Für mich als betroffener war es aber sehr befreiend zu spüren, dass ich eben nicht nur Opfer dieser Gesellschaft bin, sondern auch selbst die Macht habe, mein Leben zu gestalteten. Ich weiß, es ist ein schmaler Grad. Man kann auch nicht sagen, der Depressive ist selbst Schuld. Es geht gerade nicht um Schuld, sondern um Eigenverantwortung bzw. die Macht über sein eigenes Leben. Der Unterschied zwischen Schuld und Verantwortung ist heute scheinbar vielen nicht klar, mir ging's ebenso. So eine Schuldgefühl kann das Ohnmachtsgefühl, welches „die Gesellschaft„ (im Depressiven) erzeugt, auch noch extrem verstärken.

    Ich finde man macht es sich leicht, einen pauschalen Schuldigen zu suchen und einzig bei ihm/ihr die Lösung zu sehen. Depressionen sind sehr individuell, wie bei allem im Leben spielen viele Faktoren eine Rolle und nicht nur ein einzelner. Würde die Gesellschaft Schuld sein, wäre jeder, der Teil davon ist, betroffen. Es ist ja vielmehr so, dass es ein Zusammenspiel an eigenen Erfahrungen, Charakter, sozialen Gefügen, Veranlagung und eben der Gesellschaft ist, welche ja auch nicht irgendwie fest definiert ist. Nicht jeder Mensch „leidet so unter der Gesellschaft“ und nicht jeder wird durch den Kapitalismus zu einem degenerierten oder bösen Menschen, so wie es deine Worte suggerieren. Stellte sich auch die Frage des Maßstabs. Mit Selbstverachtung, die in deinen Worten mitschwingt ist uns nur bedingt geholfen.

    Holistisch betrachtet könnte man gar meinen, Depressive sind sehr wichtig für unsere Gesellschaft, denn sie sind quasi das Barometer woran wir sehen, dass irgendwas aus dem Ruder läuft. Kaum ein Mensch kann die Welt so in ihrer Gesamtheit erfassen. Das wir verallgemeinert nicht gut mit der Erde umgehen, dem pflichte ich bei. Uns aber in der Gesamtheit dafür zu verachten ist kurzsichtig und hat ironischerweise Züge depressiven Denkens. 😉

    Wenn man mal genauer hinschaut gibt es auch eine Menge Erfolge, die vor einigen Jahren undenkbar waren. Es gibt z. B. öffentliche Diskussionen über Arbeitsbedingungen in Billiglohnländern, die unseren Wohlstand sichern. Firmen ist wichtig, nicht als Ökosau dazustehen und viele beginnen erst mal mit Greenwashing und dann doch gefolgt von Umdenken. Wichtig ist nur, es nicht aus den Augen zu verlieren, denn dann erscheint als unwichtig. Die Abholzung der Urwälder, die Umweltzerstörung durch Plantagen und die Recyclingproblematik sind auch so Themen die nicht neu sind, aber heute viele breiter in der Gesellschaft angekommen sind. Und man schaue sich mal um wie viele Vegetarierer es mittlerweile gibt. Manches wünscht man sich schneller und es ist gut, dass einige es auch mit Hochdruck fordern, aber letztendlich zeigt die Geschichte, dass alles auch so seine Zeit benötigt. Und sie zeigt auch, dass Resignation auch nicht viel hilft.

  • Gepardo
    Heute, um 17:12 Uhr

    Oft ist für Angehörige oder Freunde auch schwer zu erkennen, ob jemand unter einer Depression leidet. Viele Gedanken sind einem ja nicht fremd und die Beschwichtigungen entstammen ja der eigenen Erfahrung, wie man da wieder rauskommt. Der Depressive weiß ja oft auch selbst nicht um seine Situation. Depression ist auch in gewisser Form stigmatisierend und somit wird von allen Seiten gerne vermieden, es so zu benennen. Das verniedlichende Wort „Depri“ nutzen ja auch „normal“ denkende Menschen für sich, ist also sehr verwässernd. Erschwerend kommt hinzu, dass Depression ja nicht unbedingt bedeutet, dass man 24 Stunden am Stück in einer gleich negativen Stimmung ist. Vielmehr gibt es ja oft auch sehr extreme Hochs gefolgt von sehr starken Tiefs. Diese Hochs erwecken beider Seiten dann vielleicht den Eindruck, dass doch eigentlich alles in Ordnung sei.

    Ein Problem ist, um Verständnis zu haben, muss man in gewisser Weise auch den Gedanken eines Menschen folgen können. Um depressive Gedanken zu verstehen, muss man sie entweder ansatzweise kennen und sich einfühlsam in eine ähnliche Denkweise versetzen. Und ich denke viele Menschen spüren unbewusst, dass es ihnen selbst nicht gut tun würde, weil man diese Denkweise auf sich anwenden und sich plötzlich in einer ähnlichen Verzweiflung wiederfinden könnten. Denn Selbstzweifel kennt fast jeder und kaum einer wünscht sie sich wieder.

    Ich hatte das Glück in einer depressiven Phase zwei Menschen an meiner Seite zu haben, die mir offen zugehört haben und sich tatsächlich mit meinen Gedanken beschäftigt haben. Die erste Person war bis zu einem bestimmten Punkt ein große Stütze und hat auch für sich selbst was aus der Geschichte gezogen, doch durch die Nähe litt sie soweit unter meinen depressiven Gedanken, dass wir Abstand brauchten und unsere Freundschaft sehr gelitten hat, da meine Selbstzweifel auf sie übergingen und ich sie sehr verletzt habe. Die andere Person stand mir zwar nahe, aber nicht so extrem und er hat noch viel mehr für sich selbst was aus der Zeit mitgenommen. Er hat mir oft einfach nur zugehört und manchmal sogar meine Gedanken bestätigt, was vielleicht vom Inhalt nicht so gut war, aber ich hatte dadurch das Gefühl dass mich jemand versteht. Viele meiner Gedanken hat er auf sich angewendet, ohne mich groß mit reinzuziehen und er hat viele Schlüsse für sein eigenes Leben gezogen und es quasi neu überdacht. Er hat quasi nachempfunden, was ich mit meinen Gedanken so anrichte, ohne daran zu brechen, es inspirierte ihn vielmehr, sein Leben anders anzugehen. Das hat mich dann wiederum inspiriert, weil er mir dann doch begeistert von seinen „Veränderungen“ berichtet hatte. Dadurch bekam ich plötzlich auch einen Blick für positive Dinge in meinem Leben und ich habe ebenso berichtet, und nicht selten war ich ähnlich verblüfft und begeistert. Das ist trotz viele Dämpfer hängen geblieben und hat maßgeblich auch unsere Freundschaft geprägt.

    Problematisch war insgesamt, dass ich davon überzeugt war, nicht depressiv zu sein und ich vermutlich so überzeugend war, dass selbst zwei Therapeuten maximal von einer leicht depressiven Verstimmung ausgegangen waren. Erst viel später ging „uns“ ein Licht auf. Ich weiß nicht, ob das häufig so ist, kann mir aber gut vorstellen, dass ich da kein außergewöhnlicher Einzelfall bin. Komisch war bei mir auch, dass Selbstmordgedanken erst sehr spät meine Gedanken bewegten, wo es mir schon deutlich besser ging. Für mich war es nämlich so ein Indiz, nicht depressiv zu sein, weil ich ja keine Selbstmordgedanken hatte.

    Ich finde gut, dass das Thema mal wieder in die Öffentlichkeit gelangt. Denn gerade die Forderung, Depressive Menschen so zu nehmen wie sie sind hat eine viel größere Bedeutung als nur in dieser Situation. Generell neigt unsere Gesellschaft ja dazu, andere nicht zu akzeptieren, sondern ändern bzw. richtigstellen zu wollen und diesen Anspruch übertragen viele, auch Nichtdepressive, auf sich selbst. Die Industrie lebt ja nicht unerheblich von dieser Unzufriedenheit über die eigene Unvollkommenheit.

    Vielleicht bringt dieser Beitrag ja einige Menschen dazu, mal wieder auf sich selbst zu schauen. Wie gehe ich eigentlich mit mir selbst um, mag ich mich so, wie ich bin, ist mein Selbstbild wirklich mein Selbstbild, oder hängt es stark von anderen ab. Und akzeptiere ich andere Menschen, egal ob depressiv oder nicht, so wie sie sind. Ich denke, wer sich selbst akzeptiert, kann auch viel leichter andere akzeptieren, alleine schon durch eine inspirierende Lebensweise.

    Als Depressiver suggeriert zu bekommen man sei nicht okay, nährt und bestätigt leider oft diese extremen Selbstzweifel. Das passiert sehr subtil und vielen ist ja verständlicherweise nicht klar, dass schon eine Aussage wie „das ist doch nicht so schlimm, das wird schon wieder“ genau das aussagt. Denn der Depressive empfindet es schlimm und ihm wird suggeriert er empfindet falsch, wenn ihm gesagt wird, dass es nicht schlimm sei. Als gäbe es eine Empfindungsnorm.

    Das gemeine ist ja, dass man im Leben lernt wie es ganz schlimme Situationen gibt, die man hinterher nicht mehr so schlimm findet. Daraus folgt der Trugschluss, dass man sich damals wohl getäuscht haben müsse, also falsch empfunden habe. Es wird quasi an der Vergangenheit herumgepfuscht. 😉 Eine gesundere Schlussfolgerung ist, dass man sich in den schlimmen Situationen daran erinnert, dass es sehr wahrscheinlich nicht ewig so bleiben wird, auch wenn es sich im Moment so anfühlt – und dass es okay ist, wie es gerade ist. Man negiert also nicht die Empfindung im Nachhinein, sondern denkt sich, dass man beim nächsten mal mehr Kraft besitzt, so eine Situation auszuhalten, weil man sie schon einmal überlebt hat.

  • Kombifahrer
    Heute, um 17:03 Uhr

    Der Begriiff Depression wird heute nur so daher gesagt- und somit als eigens zu "bekämpfende Krankheit" dargestellt, mit der man dann auch noch hausgemacht viel Geld an dieser "Volkskranheit verdient. Anstatt diese Depressionen im Volke ausmerzen zu wollen, sollte sich die Gesellschaft erst einmal im klaren darüber sein wo Depressionen her kommen und den Entstehungsherd gar nicht erst aufkommen zu lassen. Es liegt im innersten Verhalten der Gesellschaft, welche erst eine Klassenbildung zulässt- und so Menschen an den seligen Abgrund und in die Isolation und deren Ratlosigkeit treibt.

    Ist der Mensch erst einmal soweit, so nimmt die Depression ein Ausmaß bis hin zum Selbstmord an. Wenn man im sozialen Bereich und der Medizin erst dann merkt das es soweit gekommen ist, hilft eine Behandlung meist auch nicht mehr. Den Menschen dann mit Arzneimittel "ruhig zu stellen" ist unfair und gemein, sogar Menschenunwürdig.

    Der Kapitalismus mit seinem Verhalten dem Menschen gegenüber ist das letzte und unterste Schublade, denn dadurch wird der Mensch zum letzten Subjekt auf diesen Planeten erst gemacht. So kann man natürlich die Menschheit auch zum Wahnsinn treiben und kaputt machen und restlos zerstören!.

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