Ab jetzt zählt’s

Anastasia Gress hat mit der Vorbereitung fürs Abi begonnen. Sie wird über die nächsten Monate einen Internet-Blog schreiben. Foto: Ruff

Neumünster. Der Countdown läuft: Ein guter Monat noch, dann beginnt das Abitur. Anastasia Gress ist beim Gedanken daran jetzt schon aufgeregt. "Ich hab richtig Angst davor", sagt sie. Sie weiß aber auch: "Wenn es dann erst mal losgeht, legt sich das dann auch schnell wieder."

Wirklich ernst wird es für die 20-Jährige am 21. März - dann beginnen die schriftlichen Prüfungen. Mit Mathematik. Am 22. hat sie Geburtstag, am 23. März folgt Deutsch, bevor Englisch (26.) und Ernährung (30.) den Reigen vorerst abschließen. Vorher allerdings stehen noch ein paar Klausuren an. Sie sollen die Abiturienten ebenso auf die großen Abschlussprüfungen vorbereiten wie das Probe-Abitur, das sie Ende letzten Jahres schrieben.

"Ich will erst nachdenken, bevor ich schreibe"

Das lief bei Anastasia Gress ganz gut. Vor allem aber hat sie dabei Wichtiges über sich selbst gelernt: "Im Test habe ich vor Aufregung die Aufgaben nicht gut durchgelesen - dafür will ich mir nun mehr Zeit nehmen. Und: Ich will erst nachdenken, bevor ich schreibe."

Gemeinsam mit einer Freundin bereitet sich die angehende Abiturientin auf ihre Angst-Prüfungen in Mathematik und Ernährung vor. "Das sind viele Formeln, und es ist einfach echt kompliziert." Um dennoch gut durch den Stoff durchzusteigen, haben die Freundinnen sich bunte, thematisch sortierte Lernzettel gemacht. "In den Prüfungen erinnere ich mich dann, dass das zum Beispiel auf dem gelben Zettel stand und dann weiß ich auch meist wieder, was darauf notiert war", bescheibt Anastasia Gress ihre Lernmethode. Zudem hat sie sich eine Nachhilfelehrerin genommen, die mit ihr die schwierigen Aufgaben in Mathematik durchrechnet und vor allem durchspricht. "So verstehe ich dann oft doch noch, wie es geht." Für Englisch und Deutsch tue sie hingegen weniger.

Bloßes Formellernen macht wenig Sinn

Aus Sicht der Fachleute macht Anastasia Gress damit alles richtig. "Das Schreiben einer Interpretation kann man sich nicht einbimsen", weiß Jens Möller, Professor für Psychologie für Pädagogen der Universität Kiel. Auch das bloße Formellernen mache wenig Sinn. "Wichtiger ist es, über die Formeln zu reden und sie auch zu verstehen."

Jörg Lorenzen-Lemke, Vorsitzender des Verbandes der Schulpsychologen, rät zu Lerngruppen und zum strukturierten Lernen - etwa mit farbigen Lernkarten. Die beiden Psychologen betonen zudem unisono, dass es wichtig sei, dass die angehenden Prüflinge sich keine zu hohen Ziele steckten. "Ein bisschen besser als die Vornote", rät Möller. Das sei motivierend und realistisch zugleich.

Keinen Stress wegen Durchschnittsnote machen

Vor allem aber sollten die angehenden Abiturienten sich keinen Stress in Hinblick auf mögliche geforderte Notendurchschnitte für einen bestimmten späteren Beruf oder ein Studium machen. "An das Abitur sind oft sehr hohe Erwartungen auch von Seiten der Eltern, der Lehrer und der Gesellschaft geknüpft", weiß Lorenzen-Lemke. Schließlich sei das Abitur auch der zumeist "erste große Test im Leben, bei dem an einem definierten Tag eine bestimmte Leistung erbracht werden muss", ergänzt Möller. Das könne zu positiven Reaktionen führen, indem der Schüler sich motiviert fühle, es können sich aber auch negativ auswirken, "wenn alles daran gesetzt wird, eine mögliche Inkompetenz zu vermeiden".

Es seien gerade diese negativen Assoziationen, von denen sich die angehenden Abiturienten nun freimachen müssten, betonen die beiden Fachleute. Dabei helfe es, nicht die gesamte Zukunft von dieser einen Prüfung abhängig zu machen, sagt Lorenzen-Lemke. Der Prüfling solle sich lieber auch einen Plan B zurechtlegen.

Anastasias Plan B: ein Jahr im Ausland

Anastasia Gress hat einen Plan B: Sollte es mit einem Ausbildungsplatz als Mediengestalterin oder einem entsprechenden Studium nicht klappen, will sie ein Jahr ins Ausland gehen. Dennoch fühlt es sich für sie im Moment so an, als sei das mit dem Lernen und den Prüfungen kaum zu schaffen. Das allerdings kennt sie, die einst nur eine Hauptschulempfehlung bekam, dann stattdessen auf die Realschule ging und nun ihr Abitur machen wird: "Man denkt immer erst einmal so."

Von ihren Eltern Jelena (45) und Johann (50) bekommt sie viel Unterstützung. Die Eltern, die mit ihrer Tochter 1995 aus Kasachstan nach Deutschland kamen, sind sehr stolz auf Anastasia und versuchen, sie mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen - auch in Form eines Obstsalates oder der Lieblingszeitschrift. Auch das, betonen die Psychologen, ist wichtig. "Die Familie sollte den Schülern in dieser Phase den Rücken freihalten", sagt Lorenzen-Lemke. Denn: "Das Abitur ist eine große Herausforderung." Für alle.


Anastasia Gress berichtet von ihren Lernfortschritten hier im Abi-Blog.

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