Tokio/Kyoto (dpa) - Schon Babys können Mitgefühl für Notleidende ausdrücken. Zehn Monate alte Kinder zeigten ihre Sympathie für jemanden, der in Gefahr ist, ohne Worte.
Das schreiben der japanische Psychologe Yasuhiro Kanakogi und seine Kollegen von der Universität von Kyoto und der Hochschule für Technologie in Toyohashi in der Online-Fachzeitschrift «PLOS One».
Kinder in diesem Alter können geometrischen Figuren Ziele und Absichten zuschreiben. Deshalb nutzten die Forscher Trickfilme, um ihre Reaktionen auf Aggression zu testen. Sie zeigten ihnen eine aggressive Situation zwischen einem blauen Ball und einem gelben Würfel. Der Ball griff den Würfel an und rammte ihn absichtlich.
Zeigte man den Babys danach die Figuren als echte Gegenstände, streckten sie ihre Hand meist nach dem Opfer aus und nicht nach dem Angreifer. Auch bei anderen Primaten laute eine einfache Verhaltensregel: «Wenn du den Schmerz eines anderen fühlen kannst, geh zu ihm und nimm Kontakt auf.»
Das Verhalten der Kinder blieb das Gleiche, wenn die Rollen und die Form der Figuren vertauscht wurden. Auch wenn sich die Kinder zwischen einer neutralen, nicht aggressiven Figur und entweder dem vorherigen Opfer oder dem Angreifer entscheiden mussten, wählten die Babys meist den Angegriffenen oder die neutrale Figur. Die Forscher gehen daher davon aus, dass sich die Kinder nicht nur für das Opfer entschieden, weil sie Angst vor dem Angreifer hatten.
Schon Neugeborene reagieren auf die Nöte anderer, indem sie nachahmen - etwa weinen, wenn andere weinen. Die meisten Studien gehen jedoch davon aus, dass sich die Kleinen erst im Alter von 18 Monaten wirklich für andere interessieren. Echte mitfühlende Reaktionen beginnen demnach erst im Alter von etwa zwei Jahren, wenn die Kinder zwischen sich und dem anderen unterscheiden können. Mit etwa drei Jahren geht der Nachwuchs sogar schon dazwischen, um jemanden vor einem Angreifer zu schützen.
Nach der neuen Studie beginnt eine rudimentäre Form des Mitgefühls jedoch schon früher: «Zehn Monate alte Kinder schätzen nicht nur die Rollen von Opfern und Angreifern ein, sie zeigen auch Ansätze von Sympathie gegenüber anderen, die sich in Gefahr befinden», heißt es in der Mitteilung. Dies könne die Grundlage sein für ein späteres umfangreiches Repertoire von mitfühlendem Verhalten.
Quelle: n-tv.de