»Mich hat die Wut in die Friedensbewegung geführt – mehr noch die Wut als die Angst. Ich möcht aber lieber von Zorn sprechen (…) Wut macht blind (…) Zorn hilft, den Gegner zu identifizieren und die Kräfte zu sammeln«. Aufs Trefflichste beschreibt dieses aus ihrem Buch »Nicaragua. Eine lange Liebe« entnommene Zitat die Haltung, die das Leben Erika Dannebergs bestimmte.
Am 9. Januar 1922 als Tochter kleinbürgerlicher, deutschnationaler Eltern in Wien geboren, wird sie früh – und in Opposition zu ihrer Familie – zur Antifaschistin. Sie weigert sich, auf die jüngeren Geschwister im von den Eltern gewünschten Sinn einzuwirken. »Als Hitler kam, war ich (…) überzeugt davon, daß mit ihm der Krieg kommen würde. Darüber hatte ich Streit mit meinem geliebten Vater, der an Hitlers Friedenswillen glaubte«, erinnert sie sich später. Mit jüdischen Mitschülerinnen solidarisiert sie sich, wo immer möglich. Im Bewußtsein, auf der Seite des Rechts und gegen das Unrecht zu stehen, distanziert sie sich von den Eltern und zieht in eine Wohngemeinschaft.
Nach einer Buchhandelslehre nimmt Erika Danneberg 1943 in Wien ein Germanistikstudium auf. 1944 muß sie es abbrechen, da die Universität ihr Inskriptionsverbot erteilt. Sie unternimmt alles in ihrer Macht stehende, Verfolgte und Ausgestoßene zu unterstützen, auch auf das Risiko hin, sich selbst zu gefährden. Ihre Arbeit als Lektorin und Übersetzerin hilft ihr, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Nach dem Krieg setzt sie ihr Germanistikstudium fort, ergänzt es um das Fach Psychologie und schließt es 1951 mit einer Promotion über die Auswirkungen des Krieges auf Jugendliche ab.
1949 tritt sie zum jüdischen Glauben über und heiratet den aus dem Exil in Italien und Palästina zurückgekehrten Wiener Schriftsteller Hermann Hakel. Bereits 1958 wird ihre Ehe wieder geschieden. Sie muß sich eingestehen, daß die Beziehung zu stark von dem Gedanken getragen war, »an einem Überlebenden der Naziverfolgung die Schuld meines Vaters und seiner Leute gutzumachen.« Auch, um ihre gescheiterte Ehe aufzuarbeiten, beginnt sie eine Psychoanalyse bei Tea Genner-Erdheim (1906–1977), die dann ihre Lehranalytikerin wird. Genner-Erdheim bestärkt Danneberg in ihrer Tendenz, sich sowohl aus Frau als auch als Analytikerin den herrschenden Konventionen zu widersetzen. Nach dem Abschluß ihrer Ausbildung tritt Erika Danneberg der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung bei, zu deren Vorstand sie von 1974 bis 1978 gehört.
Neben dem politischen Engagement und der Liebe zur Literatur bestimmt ihre Arbeit als Psychotherapeutin und Psychoanalytikerin ihr Leben. Psychologie und Psychotherapie sind ihr stets ein Mittel, anderen eigene Gefühle bewußt zu machen und dafür Verantwortung zu übernehmen. Sie lehnt es ab, mit Hilfe der Psychologie Unentschuldbares zu rechtfertigen. Und angesichts sozialer Mißstände beläßt sie es nicht bei der Analyse gesellschaftspolitischer Bedingungen. Von sich und von anderen fordert sie, aktiv zu werden. Folgerichtig engagiert sie sich in der Friedens- und Antiatomkraftbewegung.
1970 tritt Erika Danneberg der KPÖ bei, deren aktives und streitbares Mitglied sie bis zu ihrem Tod bleibt. Sie reist nach Kuba und 1984 erstmals nach Nicaragua zu ihrer Kollegin und Freundin Marie Langer, um dort Solidaritätsarbeit zu leisten, gemäß der Devise, »daß mein Leben, in Teilnahme oder Verweigerung, Teil dieser Kämpfe ist – ob’s mir nun paßt oder nicht.« Sie arbeitet im Psychosozialen Dienst der Sandinistischen Regierung, publiziert psychologische Fachliteratur ebenso wie gesellschaftskritische Werke. 1995 erscheint die von ihr als »Lebenschronik« bezeichnete und Marie Langer gewidmete Biographie unter dem für sie programmatischen Titel »Wie leistet man Widerstand?«. Zu entnehmen ist ihrem Werk, daß niemand guten Gewissens Zuschauer bleiben kann, der erkennt, daß es nach einem Krieg nicht vorbei ist mit dem Krieg, sondern daß dieses Geschwür weiter wuchert an anderen Orten der Welt: »Unsterblich duften die Linden … /Geliebtes Gedicht meiner Jugend. /Die Verse stimmen nicht mehr:/ Die Welt, samt den Linden, ist sterblich. /Endgültiger geworden ist seither /Nicht nur der eigene Tod. /Aber entschlossener auch der Wille /Zu retten das Leben der Erde«.
Erika Danneberg war eine leidenschaftliche und kämpferische Frau, die ihre Hoffnung auf eine andere, menschlichere Welt nicht aufgab, für die Solidarität keine Phrase war, sondern gelebte Praxis.