Was geschieht, „wenn wir dauerhaft, über weite Strecken, großen Belastungen und ständigem überfordernden Leistungsdruck ausgesetzt sind?“ Das war eine der Fragen, mit denen Dr. Ruthard Ott seinen Vortrag mit dem Titel „Burn-out, eine Geißel unserer Zeit“ in der gut besuchten Johanniskapelle im Rahmen der Sonderausstellung „Zeit“ einleitete.
Der Psychologe und Theologe wies daraufhin, dass der Begriff Burn-out als solcher in der medizinischen Fachsprache nicht vorkommt. Aufgrund verstärkter Medienpräsenz und Ruthard Ott nannte Beispiele prominenter Personen aus dem Leistungssport, sei das Thema jedoch „als Zeichen der Zeit hoffähig und sprachfähig“ geworden. Burn-out betreffe Angehörige aller Berufsgruppen und aller Altersschichten.
Der psychologische Psychotherapeut des Recollectio-Hauses der Abtei Münsterschwarzach erläuterte Anzeichen der allmählich schleichenden oder auch plötzlich eintretenden dauerhaften Erschöpfung. Betroffene Menschen „leiden gefühlsmäßig und körperlich unter Missstimmungen, depressiven Schwankungen, Kraftlosigkeit, Schlaflosigkeit, innerer Unruhe und nervöser Unkonzentriertheit“. Die Anfälligkeit von körperlichen Erkrankungen nehme zu und die sozialen Beziehungen verschlechterten sich. Gerade ein enger institutioneller Arbeitsrahmen und der zunehmende Leistungsdruck in Betrieben, Schulen, Ämtern und Behörden könne die Entwicklung des Ausbrennens fördern, genauso wie dauerhaft überfordernder familiärer und privater Stress.
So erwähnte der Psychologe weiterhin, es scheine notwendig, bewusst und sorgsam mit der Lebens-Zeit umzugehen, wobei das Verstehen der Burn-out-Zusammenhänge dabei helfen könne. Ruthard Ott schilderte anschließend lebensgeschichtliche und persönliche Aspekte der Betroffenen. So seien „viele bereits in der frühen Kindheit dauerhaften Überforderungen ausgesetzt“ gewesen. Der psychologische Psychotherapeut ging verstärkt auf die Entstehung von Burn-out ein, wobei psychische, soziale und spirituelle Faktoren beteiligt seien.
Ebenso erhielten die Zuhörer Gelegenheit zum Nachdenken in mehreren kurzen meditativen Pausen. Anregungen dazu boten Fragen wie „Was tue ich im Allgemeinen für mich, damit ich mich wohlfühle in meiner Haut?“, „Was ist meine Lieblingsbeschäftigung, mein Hobby“ oder „Wie spanne ich aus? Wie schalte ich ab?“
Was Ansätze und Haltungen, die das Ausbrennen verhindern beziehungsweise mindern können, betrifft, dazu sagte Ruthard Ott, dass „ein gesunder Abstand zur beruflichen Aufgabe, entlastende Freizeiterfahrungen und freie Zeiten überhaupt“ zum Leben gehören und dem Burn-out vorbeugen, ebenso wie ein gesunder Lebensstil und Ausdauersport. Insofern gehe es mehr um das richtige Maß, die Aufmerksamkeit für die kleinen Dinge, die Entwicklung der Genussfähigkeit, um Entschleunigung und die Kunst des Lebens in einer sich ändernden, leistungs- und erfolgsorientierten Welt.
Ruthard Ott
Der Doktor der Theologie wurde 1953 geboren. Er studierte von 1973 bis 1979 Psychologie und Theologie und arbeitete zunächst als Ehe-, Familien- und Lebensberater. Seit 1993 ist er psychologischer Psychotherapeut im Recollectio-Haus der Abtei Münsterschwarzach. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter.