Linz (OTS) - Moderne Onkologie ist zur High-Tech Medizin geworden. Unzählige neue Diagnose- und Therapiemöglichkeiten geben Krebspatienten Mut und Hoffnung. Früher unheilbare oder inoperable Tumore können nun oft gut behandelt werden. Das Behandlungsgetriebe läuft auf Hochtouren. Die Kehrseite der Medaille: Medizin und Pflege sehen sich, ebenso wie Psychologie und Seelsorge, immer öfter im Gewissenskonflikt. Es gilt Grenzen zwischen dem "Möglichen" und dem "ethisch Vertretbaren" zu ziehen. Ein Thema, das offenbar unter den Nägeln brennt: Die Tagung "Grenzen in der Onkologie", veranstaltet vom Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern (BHS) Linz und der Österreichischen Plattform für Psychoonkologie (ÖPPO) wurde von über 150 Teilnehmern aus ganz Österreich und sogar aus Italien und Deutschland regelrecht gestürmt.
"Wir sprechen in der Onkologie halt nicht so gerne darüber, was wir nicht machen, nicht können oder nicht wissen. Viel lieber über das, was wir anbieten, leisten, be- und nachweisen. Diese Tatsache erschwert natürlich einen Diskurs über den Umgang mit unseren Begrenztheiten. Als Kontrapunkt bot unsere Tagung Raum, den professionellen Umgang mit Nicht-Wissen und Nicht-Können in der Onkologie zu reflektieren. Sie zeigte auch, wie gross das Bedürfnis des Austausches darüber ist", resümiert Organisator Mag. Christian Zniva, Leiter der Klinischen Psychologie der BHS Linz. Ganz bewusst richtete sich das Programm gleichermaßen an alle onkologisch Tätigen:
Mediziner, Pflegekräfte, Psychoonkologen und Seelsorger, also Berufsgruppen, die eng zusammenarbeiten, dennoch oft höchst unterschiedliche Zugänge und Erfahrungen haben. Die jeweils anderen zu verstehen und im Alltag gemeinsame Strategien für Grenzsituationen zu entwickeln, war Zielsetzung der Veranstaltung.
Grenzen oft völlig verschieden wahrgenommen
Wie verschieden das Ende der eigenen Möglichkeiten wahrgenommen wird, zeigten die vielen Wortmeldungen aus dem Plenum nach den von den Referenten bewusst aus Sichtweise der jeweiligen Professionen dargestellten Grenzerfahrungen. Wissenschaftlich faszinierende neue Krebstherapien im Spannungsfeld mit Würde und Wünschen der Behandelten - wo liegt die ethische Grenze zwischen medizinisch machbarem und menschlich sinnvollem Handeln? Wer entscheidet letztendlich? Ein Teilnehmerin aus der Pflege formulierte diesen Konflikt treffend: "Ärzte sehen die Patienten bei Diagnose, OP und Visite. Psychologen und Seelsorger kommen meist zu drei, vier Terminen zu ihnen. Wir von der Pflege erleben sie in allen Höhen und Tiefen den ganzen Tag über. Alle gewinnen einen Eindruck und alle wollen bestmöglich helfen - aber jeder hat ein anderes Bild. Gerade bei schwerkranken Onko-Patienten knirscht es da im Spitalsgetriebe oft ganz ordentlich. Und wissen wir am Schluss wirklich, was unser Patient will und wo wir einen Schritt zurücktreten müssen?"
Jedes Rad im Behandlungsgetriebe wichtig
Der Vergleich mit einem Getriebe drängt sich auf: Onkologische Institutionen brauchen Strukturen, die wie Zahnräder ineinander greifen und miteinander harmonisiert laufen, um die bestmögliche Hilfe für die Patienten zu erreichen. Blockieren einzelne Räder, schadet das dem ganzen Behandlungsprozess. Werden sie durch Grenzüberschreitungen abgenutzt oder gar zerstört, leiden Team und Behandlungsfortschritt ebenfalls stark darunter. Gerade die unterschiedlichen Zugänge und Sichtweisen im interdisziplinären Behandlungsteam schaffen Stärke, müssen aber im Miteinander trainiert und akzeptiert werden. Dazu gehört auch die Erkenntnis, an die eigenen Grenzen zu stoßen, von anderer Seite aber vielleicht einen alternativen Weg aufgezeigt zu bekommen. Daraus resultiert eine viel breitere Sicht auf den Behandlungsprozess und damit eine umfassendere Patientenbetreuung.
Zentrumsstruktur und Klinik-Ethikteam unterstützen
Das Zentrum für Tumorerkrankungen am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz hat solche Strukturen bereits aufgebaut und entwickelt sie laufend weiter. Als einziges österreichisches Zentrum darf es daher das von der Deutschen Krebsgesellschaft vergebene Qualitätssiegel nach OnkoZert tragen. In mittlerweile sechs spezialisierten Organzentren arbeiten interdisziplinäre Teams verschiedenster Abteilungen und Fachbereiche auf Augenhöhe zusammen. "Wir sind auf einem guten Weg, aber lange noch nicht am Ziel. Darum sind Veranstaltungen wie diese ungemein wichtig. Eigene Grenzen und auch Fehler erkennen und reflektieren zu können, ohne Scheu, dass dies von den Kollegen als Schwäche ausgelegt wird, baut untereinander jenes Vertrauen auf. Vertrauen, das wir unseren Patienten von Mensch zu Mensch weitervermitteln können", so Zentrumsleiter OA Priv.-Doz. Dr. Holger Rumpold.
Im Haus steht außerdem ein interdisziplinäres Klinisches Ethik-Komitee bereit. In Grenzsituationen unterstützt es in Form einer Fallbesprechung ("Ethisches Konsil"). Die Komitee-Mitglieder entscheiden nicht über Therapien oder entziehen dem Behandlungsteam Kompetenzen. Sie fungieren vielmehr als Berater und Moderatoren und tragen so bei, die bestmögliche Entscheidung für den Patienten zu treffen.
Bildmaterial verfügbar unter www.vinzenzgruppe.at/presse
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