"Was willst Du denn auf dem Gymnasium?" Mein Weg vom Arbeiterkind zur …

Dies war die zweite Stufe meines Bildungswegs. Bereits für die Aufnahme in die Realschule waren einige Hürden zu überwinden gewesen. Als Tochter einer Hilfsarbeiterin und eines Gastarbeiters war ich, bei nur durchschnittlicher Leistung, selbstverständlich für die Hauptschule vorgesehen. Leider neigte meine Mutter dazu, Meinungsverschiedenheiten mit dem Lehrkörper zuweilen drastisch zu lösen. Die Ohrfeige, die sie dem Mathelehrer meines Bruders verpasste, hatte meine Chancen auf einen Bildungsaufstieg wahrscheinlich nicht gerade erhöht.

Meine Eltern haben beide die Schule ohne Abschluss verlassen, mein Vater, weil man in Italien damals eine vierjährige Grundschulausbildung für ausreichend hielt, meine Mutter, weil ihre Pflegeltern fanden, dass es für eine Vierzehnjährige an der Zeit war, ihr eigenes Geld zu verdienen.

Ich weiß bis heute nicht, was mir damals eigentlich an der Vorstellung, zur Hauptschule zu gehen, so missfallen hat. Ich weiß aber noch genau, dass ich am letzten Tag der Anmeldefrist so bitterlich geweint habe, dass meine Eltern schließlich nachgegeben und mich in der Realschule angemeldet haben. Meine Mutter, sonst von eher rustikalem Charme, hat im Aufnahmegespräch nicht aufgehört, sich für ihr Ansinnen zu entschuldigen. Sie war etwas beruhigter, nachdem der Rektor ihr versichert hatte, dass die Kinder seine Schule nicht deshalb besuchten, weil sie schon so viel wüssten, sondern weil sie dort etwas lernen sollten.

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