Singen tut nicht nur der Seele gut
Ein besonderes Erlebnis ist dabei das Singen. Die Lieder, die die Familie bei Adventstee und Plätzchen in der warmen Küche singt und erst recht vor der Bescherung unterm Tannenbaum, bleiben uns oft ein Leben lang im Gedächtnis. Sie begleiten nicht nur das große Fest, sondern sie verbinden uns Menschen miteinander, und das tut uns gut.
"Studien belegen, dass gemeinsames Singen das körperliche und seelische Wohlbefinden positiv beeinflussen kann", erklärt Wirkungsforscher Kreutz. "Teilweise konnte man hormonelle Veränderungen beobachten." Und nicht nur das. Mehrere Studien zeigen laut Kreutz, dass etwa Chorsingen nicht nur Stress abbaut, sondern auch die Immunabwehr in den oberen Atemwegen anregt. "Es fördert auch Hörwahrnehmung und Gedächtnis, wenn man an die Mengen von Melodien und Texten denkt, die Sängerinnen und Sänger so verarbeiten." Singen in der Gruppe sei auch für Ungeübte wärmstens zu empfehlen. "Allerdings sollte die Freude an der Musik und am Miteinander im Vordergrund stehen und nicht unbedingt der Präventionsgedanke", findet Kreutz.
Geborgen in der Gemeinschaft
Die Bergisch Gladbacher Psychologin Hildegard Belardi erklärt, was die Adventszeit ausmache: "Die Ankunft des Heilands ist für Christen ein zentrales Fest und Grund zu jubilieren, sich erlöst und in der Gemeinschaft geborgen zu fühlen."
Kerzenschein und Gebäck, Gewürzduft und warme Getränke verstärken dieses besondere Erlebnis, "vor allem wenn es den Menschen gelingt, sich dabei tatsächlich einander zu widmen und etwas Zeit jenseits des hektischen Alltags zu schenken", so Belardi. Davon, dass dazu auch das gemeinsame Singen beiträgt, ist auch Gunter Kreutz überzeugt: "Evolutionsforscher gehen davon aus, dass es die sozialen Bindungen stärkt."
Musik gehört zur Festkultur
Die meisten Menschen hierzulande haben als Kinder Weihnachtslieder lieben gelernt und sind gerne bereit, sich immer wieder neu darauf einzulassen. "Ich vermute, dass es Ausdruck von Rückbesinnung ist. Vieles ändert sich Jahr für Jahr. Das Bedürfnis ist eben stark, dass manche Dinge gleich bleiben", so Kreutz.
Auch Hildegard Belardi, die auch Vertreterin des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen ist, stellt fest: "Dass es heute weniger Rituale und Traditionen gibt, als noch vor einigen Jahrzehnten, ist für viele ein Grund, zumindest an Weihnachten, an alten Bräuchen wie Festessen, Tannenschmuck und Weihnachtsliedern festzuhalten." Die Musik sei dabei in allen Kulturen neben dem gemeinsamen Essen eine wichtige Säule der Festkultur.
Ruhig mal Hiphop an Weihnachten
Dennoch sind die Gefühle, die Weihnachtslieder freisetzen, nicht immer positiv, bemerkt Musikforscher Kreutz. "Wenn wir etwa der Beschallung in den Geschäften nicht entrinnen können und die eigentlich besonderen Lieder zu oft und an zu vielen Orten anhören müssen, löst das eher das Gegenteil von Glücksgefühlen aus."
Und natürlich sind die Geschmäcker verschieden. "So sollte man beispielsweise den Musikgeschmack von Kindern und Jugendlichen ernst nehmen – warum nicht mal an einem Weihnachtsfeiertag Hiphop oder Rock spielen, wenn es jemanden in der Familie besonders glücklich macht?", fragt der Musikprofessor.
Musik hören bringt Erholung
Auch wer nur zuhört, kann sein Wohlbefinden durch Musik im Alltag steigern, erklärt Musikwissenschaftler Kreutz. Vorausgesetzt, man genießt die Klänge und sie laufen nicht als Berieselung nebenbei.
Schon wenige Minuten intensives Zuhören bringen laut Kreutz eine Phase der Erholung. Besonders wichtig: das Ausklingen lassen. "Manchmal ist die Stille nach der Musik wirksamer als die Musik selbst." Der Musikwissenschaftler empfiehlt, Musik so in den Alltag zu integrieren, wie man es auch mit einem geliebten Schmuckstück macht. "Man freut sich daran und holt es immer wieder gerne heraus. Aber eben nicht ständig, sondern zu besonderen Gelegenheiten."