Warum stirbt die Lernlust so schnell?

Bad Wildungen/Edertal. Wissenschaft kann so spannend  und lebensnah sein, gerade, wenn sie sich mit altgedienten Menschheitsfragen beschäftigt. Einigen dieser Rätsel spürt Mirjam Schmidt nach, Gießener Studentin der Psychologie und des Lehramts, und sie tut das in den Kindertagesstätten Friedenskirche, Mehlen und Bergheim. Wie schätzen Mädchen und Jungen, die im Sommer i-Männchen werden, ihre eigenen Fähigkeiten ein? Über- oder unterschätzen sie sich? Welchen Einfluss hat diese Selbsteinschätzung auf ihre Lust am Lernen und damit auch auf ihre Leistungsfähigkeit?

Mirjam Schmidt sitzt an einem Tisch mit der kleinen Luca und Heidi Schween, Leiterin der Kita Friedenskirche. Vor sich hat die Studentin einige Fragebögen liegen. „Luca, kannst du Seil springen?“ Das Mädchen strahlt, denn offensichtlich macht ihm Seilhüpfen Spaß. „Jaaa!“, antwortet es. „Was meinst du, Luca: Kannst du das sehr gut, gut, mittelgut oder weniger gut?“, fragt die Studentin nach. Für die Antwort gibt sie der Kleinen einen große Mensch-ärgere-dich-nicht-Figur in die Hand. Luca soll sie auf einer Holztreppe mit fünf Stufen abstellen, um sich einzuordnen. „Sehr gut“ ist der oberste Absatz, „gar nicht“ der unterste. Luca überlegt und stellt das Männchen auf der mittleren Stufe ab. Ihr Verhältnis zu Zahlen, zum Lesen, zum Namen-Schreiben, zum ersten Rechnen und zu vielem mehr bestimmt sie auf diese kindgerechte Weise.
Heidi Schween nickt anerkennend zu den Antworten. „Luca schätzt sich sehr genau und richtig ein“, wird sie später sagen. Luca rutscht inzwischen ein wenig unruhig auf dem Stühlchen von vorne nach hinten. 20 Minuten dauert der Test bereits und eigentlich dachte sie wohl, sie müsse zeigen, was sie kann. Doch heute will Mirjam Schmidt nur hören, wie viel sich das Mädchen in den jeweiligen Tests zutraut.
Zwei Tage später, in einer zweiten Sitzung, soll Luca dann tatsächlich versuchen, die Aufgaben zu lösen: zum Beispiel einen Apfel und zwei Äpfel zusammenrechnen, Bälle der Größe nach ordnen oder Buchstaben erkennen. Mirjam Schmidt wird alles protokollieren und beobachten, mit wie viel Mut und Freude Luca an die Herausforderungen herangeht. Am Ende hat die Psychologie-Studentin Daten gesammelt, die Antworten auf Fragen geben sollen wie: Wer lernt schneller, besser? Der Bescheidene oder der etwas Großspurige? Und wie unterscheiden sich Mädchen und Jungen dabei voneinander, wenn sie es denn tun?

Das Forschungsprojekt, an dem Mirjam Schmidt im Zuge ihrer Bachelor-Arbeit beteiligt ist, greift aber noch weiter und wird dadurch noch spannender. Denn die Kinder sollen auch nach ihrem Wechsel in die Schule regelmäßig bis zum dritten Schuljahr befragt und getestet werden.(su)

Mehr lesen Sie in der WLZ  vom Donnerstag, 23. Februar

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